Ein Skandal unter Medien in Deutschland.
In Österreich müssen zurzeit die Medien sich befragen lassen, wieweit sie sich mit der Politik ins Bett gelegt haben – vor allem, aber bei weitem nicht nur der Boulevard. Beim deutschen Nachbarn hat Österreich darob eine gar schlechte Presse. Doch nun wird auch dort offenbar, dass „Skandal!“-Rufe angebracht sind: Nach langem Hin und Her hat der Springer-Verlag Julian Reichelt, die aggressivste Journalistengestalt Deutschlands, als Chefredakteur der Bild-Zeitung freigestellt.
Ein Skandal ist nicht nur die mutmaßliche langjährige Übergriffigkeit des Geschassten, sondern auch die Unterdrückung der Berichterstattung darüber: Das Investigativ-Team aus dem Haus des Verlegers Dirk Ippen, dem u.a. die Frankfurter Rundschau gehört, hatte monatelang ein Sittenbild rund um Reichelt und Springer recherchiert. Das Ergebnis davon wurde aber vor der Veröffentlichung zurückgezogen – durch Dirk Ippen persönlich. Seine Begründung: Man wolle nicht den Anschein erwecken, dem Konkurrenten Springer wirtschaftlich schaden zu wollen.
Das Ippen'sche Manöver ist erst recht ein Skandal. Denn zum einen handelt es sich um eklatante Missachtung der redaktionellen Unabhängigkeit durch diesen Verleger. Und zum anderen: Wie kann dann noch ein Medien-Missstand aufgedeckt werden, wenn sich die Medienhäuser selber der kritischen Recherche verweigern?