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Literarische Börse

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Ein Umschlagplatz der Literatur ist die Gruppe 47 geworden. Vor zwölf Jahren wurde sie von einigen deutschen Autoren gegründet, seitdem treffen sie einander jedes Jahr in einem anderen Ort und veranstalten eine Art Scherbengericht. Dem Urteil kann sich jeder stellen, der Mut hat und die Reisespesen aufbringt, Mitglieder werden allerdings zuerst vorgeschlagen und dann gewählt Heuer kam nach Großholzleute, einem Badeort im Allgäu, fast die ganze Elite der deutschsprachigen Autoren, aus Oesterreich als neugewähltes Mitglied Humbert Fink. Volles Gewicht erhält die Tagung jedesmal durch die Anwesenheit der grauen und offensichtlichen Eminenzen des deutschen Literaturbetriebes: Kritiker der großen Zeitungen geben sich ein Stelldichein mit den Literaturgewaltigen von Rundfunk und Fernsehen, Cheflektoren und Verlagsleiter suchen neue Talente und kämpfen um bereits bewährte.

Die Urteile der Gruppe sind drakonisch. Es ist schon vorgekomtpen, daß junge Autoren nach der Diskussion ihrer Werke schworen, das Schreiben aufzugeben, oder weinend den Saal verließen. Sogar der Leiter eines bedeutenden Verlages mußte vernichtende Kritik an seinem Manuskript einstecken. Hier wird Langeweile, wo man sie findet, beim Namen genannt, Plattheiten werden erbarmungslos ans Licht gebracht, und vor allem, keiner der Anwesenden nimmt sich ein Blatt vor den Mund.

Dafür hat der Preis der Gruppe 47, der nur für unveröffentlichte Manuskripte verliehen wird, ein um so größeres Gewicht, Erfolge in der Diskussion bestimmen über Karriere und Verlagsinteresse. Zur Verbesserung der einheimischen Kritikersitten wer schont, wird selbst geschont wäre eine österreichische Ausgabe der Gruppe 47 sehr zu empfehlen. Aber die Gründung einer österreichischen Literaturbörse muß wohl am Mangel an inländischen literarisch ambitionierten Verlagen scheitern.

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