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Sekten in Schulen

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Viele Eltern der Volksschule Aschach in Oberösterreich haben Angst um ihre Kinder. „Unser achtjähriger Sohn kommt nach der Schule heim und beginnt grundlos zu weinen. Er ist wie ferngesteuert", erzählt eine verzweifelte Mutter. Andere Kinder weigerten sich, trotz heftiger Schmerzen zum Zahnarzt zu gehen. Sie beteten, Jesus möge sie heilen. Obwohl die Behörden bereits seit Monaten darüber informiert gewesen waren, schritten sie erst jetzt ein. Über Vermittlung des Sektenreferats der Diözese Linz untersuchte der Psychiater Heinz Fölkl mehrere Kinder der betroffenen Schule. Aus dem Gutachten geht hervor, daß sie unter massiven Ängstzuständen, Alpträumen und Schlaflosigkeit leiden. Hervorgerufen wurden sie durch den aufdringlichen Missionszwang einer 46jähri-gen Lehrerin, eines Mitglieds der berüchtigten Jedidja-Sekte. Fölkl ortete „schwerste psychologische Kindesmißhandlung während des Unterrichts, die in ihrem Ausmaß sogar einen erfahrenen Psychiater erschrecken läßt". Er stellte weiters fest: „Durch die ,Heiß-kalt'-Methoden der Lehrerin werden die Ich-Strukturen der Kinder aufgebrochen, und sie werden zu verängstigten, zutiefst eingeschüchterten und verunsicherten Sektensklaven erzogen."

Aufgrund dieser Diagnose suspendierte der Landesschulrat die Lehrerin sofort vom Dienst. Doch damit dürfte der Spuk nicht zu Ende sein. Zeitungen berichten, daß in Aschach noch zwei Lehrkräfte der Jedidja-Sekte angehören, die derzeit rund 170 Mitglieder umfaßt. Gegründet wurde sie 1984 von einem nach wie vor amtierenden Schuldirektor im Bezirk Grieskirchen. Nach Angaben des Sektenexperten der Diözese Linz, Otto Weidinger, handelt es sich dabei um eine pfingstkirchliche Gruppe charismatischer Prägung. Ein wesentlicher Bestandteil ihrer Lehre sei der „ Kampf gegen Dämonen", der durchaus „fanatische Züge" annehmen könne. Die Gemeinschaft richte sich sehr streng nach der Bibel. Vielfach spiele eine gewisse Endzeiterwartung eine Rolle, so Weidinger.

Der oberösterreichische Landesschulrat Johannes Riedl nimmt die Proteste der Eltern ernst. Allerdings warnt er im Gespräch mit der FURCHE vor Panikreaktionen: „Ich lehne einen großen Lauschangriff auf Lehrer und Kinder entschieden ab." So falle die Mitgliedschaft eines Lehrers bei einer Sekte unter die Religionsfreiheit und sei noch kein Grund zum Einschreiten. Erst wenn dadurch die Schüler im Unterricht manipuliert werden, könne man handeln.

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