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Tausche Politik für Wohnung...

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Als sich in der Vorwoche der Abgeordnete Hartl im Presseclub Con-cordia der Öffentlichkeit als neuer Obmann des „Vereins der Freunde des Wohnungseigentums“ präsentiere, da mußte er bemerken, daß der Politiker in der Wohungswirtschaft in Hinkunft mit schärferer Kritik zu rechnen hoben wird als der private Wohnbaumanager. Daran war nicht nur das publizistische Ungeschick des Wiener Landesparteiobmannes schuld, zerzaust wurde ein System, das in den fünfziger Jahren in beiden politischen Lagern zu blühen begonnen hat und bis heute von keiner Regierung beseitigt werden konnte. Das Gespenst des Proporzes in der verstaatlichten Industrie mutet angesichts dessen, was auf dem Wohnbausektor in den letzten Jahrzehnten an politischem Kuhhandel betrieben wurde, wie eine gütige Fee an. Der Wohnbau und) die Bauwirtschaft wurde willkürlich — und das muß festgehalten werden — in ollen politischen Lagern als Melkkuh für die Parteifinanzierung betrachtet. Was man im Bauskandal aufrollen wollte, das war nur eine Alibienthüllung dafür, daß man jahrelang in Österreich nicht darum gekämpft hatte, einen qualitativ besseren und familiengerechteren Wohnbau zu erstellen, sondern darum, welches politische Lager in welchem Bundesland mehr Mittel aus der öffentlichen Finanzierung erhält. Wer meint, daß das heute besser sei, der wurde durch die Causa Hartl eines anderen belehrt. Aber Hartl war hier nur ein Alibi für die noch immer anhaltende Verpolitisierung unserer Wohnungswirtschaft. So gibt es in Wien etwa nicht eine große Beratungszentrale für alle Wohnungsuchenden, sondern die der SPÖ nahestehenden Wohnbauvereinigungen haben mit der Zentralsparkasse gemeinsam ein solches Center geschaffen, und auf der anderen Seite verfügen auch die ÖVP-Bauvereinigungen beziehungsweise die dieser Partei nahestehenden Wohnbauvereinigungen über ein eigenes Informationsbüro, öffentliche Stellen und Landesregierungen bevorzugen nach wie vor jene Wohnbauvereinigungen, die dem Landes-wohnbaureferenten oder dem Landeshauptmann politisch näherstehen. Noch immer gilt der Grundsatz: nicht wer in der Lage ist, bessere Wohnungen zu bauen, erhält die Mittel, sondern der, von dem die politische Mehrheit mehr Nutzen hat. Nicht, wer wirklich bedürftig ist, erhält vielfach die Wohnung, sondern wer bei der richtigen Wohnbauuereini-gung das richtige Parteibuch vor-zuzeigen weiß.

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