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Museen: Abgang im Frust

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Der Abgang des 65jährigen Ersten Direktors des Kunsthistorischen Museums und Leiters der Gemäldegalerie, Hermann Fillitz, sowie der des 46jährigen Dieter Ronte vom Museum Moderner Kunst (über ihn berichtete die FURCHE Nr. 28 exklusiv bereits am 14. Juli) machen es deutlich: Wer mit Ambition ein Bundesmuseum führt, lebt bei kleinem Salär „in Lust und in Frust“. Denn zu lange wurden die Gebäude, in denen Samm-

lungenvon Weltruf aufbewahrt werden, sträflich vernachlässigt, zu sehr ist nach wie vor das Verwaltungssystem versteinert, zu wenig dynamisch werden — siehe Messepalast — Konzepte durchgezogen und oß wird zum Dauerzustand, was bloß ein Provisorium bilden sollte.

Zugegeben: Gerade Fillitz hat in den acht Jahren seiner Doppelfunktion kraß seines leicht erregbaren Temperaments und wiederholten Androhungen, das Handtuch zu werfen, mehr erreicht als seine Vorgänger in zwanzig Jahren.

Denn der Universitätsprofessor für Kunstgeschichte, der für seine Tätigkeit im Kunstpalast am Ring nicht mehr als 10.000 Schilling brutto bezieht, gehört wie der stille, aber überzeugend argumentierende „Gastarbeiter“ Ronte auch der „Arbeitsgruppe Bundesmuseen" an, die Umstrukturierungsmaßnahmen diskutiert und gegenüber den Ministerien durthzusetzen versucht. Beide sind auch als Sprecher dieser Kommission vor den Medien aufgetreten und haben so die

Öffentlichkeit von bis dahin offiziell totgeschwiegenen Mißständen alarmiert. Vor allem aber verlangten sie mehr Autonomie.

Just in dem Moment, da die Novelle zum Forschungsorganisationsgesetz in Kraß tritt, die den Bundesmuseen die sogenamite Teilrechtsfähigkeit zugesteht und ihnen erlaubt, über Einnahmen etwa aus dem Museums-Shop zu verfügen, just während der Sanierungsarbeiten im Haupthaus und in der Sammlung alter Musikinstrumente ÜI. der Neuen Burg, überwiegt bei Fillitz offenbar der Frust.

Trotzdem wird er bis zur Bestellung zweier Nachfolger - einem als Ersten Direktor und einem als Leiter der Gemäldegalerie - in seinem Amt bleiben. Da Wissenschaftsminister Erhard Busek die Posten international ausschreiben will, ist die Dauer der Übergangslösung nicht abzuschätzen.

Ronte, dessen gute Wünsche die provisorisch im Palais Liechtenstein untergebrachte Sammlung und jene aus dem Schweizergarten auf ihrem Weg in den Messepalast begleiten, übersiedelt ohne Zorn bereits am 1. November in das Sprengel-Museum in Hannover. Dort hat man ihm am 20. Juli innerhalb von zehn Minuten einen optimalen Vertrag in die Hand gedrückt. Als er zusammen mit der Sammlung Ludwig 1979 von Köln nach Wien übersiedelte, brauchte man für die Erstellung eines jederzeit aufkündbaren Sondervertrags acht Monate.

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