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Mutterkomplex

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Der 1947 in Israel geborene Ver-fasser lebt seit seinem zehnten Lebensjahr in der BRD. Dort durch-lief er die bei einem jungen Juden übliche Laufbahn eines Studenten der Politik und Geschichte in Mün-chen und Tel Aviv. Seine Fami-lienbeziehungen, besonders zu sei-ner dominanten Mutter, werfen ihre Schatten von Kindesalter an auf sein Leben. Er entflieht einer Liaison mit seiner deutschen Freundin dadurch, daß er einen Studienaufenthalt im, wie er glaubt, "fernen" Israel nimmt, dort aber nehmen seine amourösen Verwicklungen erst recht kein Ende. Zum Schluß wird er - ohne große Begeisterung -mit einer jungen sf ardischen Schönheit verheiratet.

Es gibt hervorragende, witzig und gut beobachtete Einzelbeschrei-bungen wie zum Beispiel der kluge sfardische Rabbiner Ovadia, der wie aus dem Leben entsprungen scheint, aber auch Stereotypen-Beschrei-bungen. Das Buch ist unterschiedlich gut geschrieben, es gibt Seiten, auf denen das Nichtstun so geschildert wird, daß man selbst zum Gähnen veranlaßt wird, mehr als wahrscheinlich beabsichtigt. Auch die ununterbrochene Beschäftigung mit der "Mamme" und der Tante wirkt nicht nur unappetitlich, son-dern übertrieben und breit gewalzt. Seine besten Passgen hingegen sind, wenn es "action" gibt, wenn es donnert und blitzt in dem kleinen Familien- und Bekanntenkreis des Helden Samy. Da ist alles echt, dem pulsierenden Leben abgeschaut.

Daß alle Personen frei erfunden sind, steht natürlich am Anfang des Buches, um nur umso mehr davon zu überzeugen, daß es sich eigent-lich zum Großteil um autobiograf i-sche Erlebnisse handelt. Trotz Mängel ist das Buch jedoch amüsant und dem Leben in Deutschland und Israel abgeschaut.

DIE JIDDISCHE MAMME. Von Rafael Seligmann. Eichborn Verlag, Frankfurt 1990. 230 Seiten, öS 249,60.

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