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Nietzsches Schwester und die Nazis

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Im Jahr 1934 war Hitler in Weimar. Es gibt ein Foto davon, wie er im Nietzsche-Archiv die Nietzsche-Büste betrachtet: ihre Gesichter stehen beinahe im rechten Winkel zueinander, und Hitlers Gesicht nimmt einen Moment lang sichtlich die Züge des steinernen Bildes an, das er betrachtet.

Nietzsche war damals schon 34 Jahre lang tot, seine Schwester allerdings lebte noch. Als 88jähri- ge Greisin gab Elisabeth Förster- Nietzsche, die das Weimarer Nietzsche-Archiv gründete und leitete, Hitler rundlich lächelnd die Hand.

Auch davon gibt es ein Foto. Abgedruckt sind beide seltenen Dokumente in einer mit viel Akribie erarbeiteten Biographie der Nietzscheschwester. Der aus Dresden stammende, 1933 in die Emigration gegangene und heute in den Vereinigten Staaten lebende Heinz Frederick Peters hat sein Buch, das zunächst in Amerika erschienen ist, selbst ins Deutsche übersetzt.

Nietzsches Schwester hat, wie man längst weiß, die Schriften ihres Bruders nicht nur geschickt vermarktet und damit ein Vermögen gemacht, sondern sie hat die Editionen auch manipuliert und manches unterdrückt, was der Legende von Nietzsches „edler Lichtgestalt“ widersprach.

Sie, die begeisterte Nationalsozialistin, hatte auch den Nietzsche-Kult im Dritten Reich ins Leben gerufen und spielte eine wichtige Rolle im kulturellen und politischen Leben Deutschlands. Peters zeigt auf, wie sehr „Fritz und Lieschen“ biographisch wie wirkungsgeschichtlich zusammengehörten.

ZARATHUSTRAS SCHWESTER. Fritz und Lieschen Nietzsche — ein deutsches Trauerspiel. Von Heinz Frederick Peters. Kindler-Verlag. München 1983. 328 Seiten, geb., öS 288,80.

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