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„Nur" zwei Drittel sind Katholiken

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Univ.-Prof. Alois Stacher hält als zuständiger Stadtrat der Gemeinde Wien nichts von katholischen Gottesdiensten in den Gemeinde-Pensionistenheimen. Hier einige Auszüge aus Briefen des Kuratoriums Wiener Pensionistenheime (Obmann: Alois Stacher):

• „Der Gottesdienst stellt eine besondere Form der Kultur dar, der einer feierlichen Einstellung bedarf ... Die Kirchen sollten nicht auf den feierlichen Rahmen verzichten und nicht darauf Wert legen, daß in einem Speisesaal eine Messe gelesen wird.“ (In Zeiten der Verfolgung mußte immer wieder auf besondere Feierlichkeit verzichtet werden; schlag nach unter „Katakomben“, die Red.)

• „Aus Gründen eines reibungslosen Zusammenlebens der Pensionäre... erscheint die Adaptierung eines Raumes für religiöse Zwecke nicht opportun“, denn „nur rund zwei Drittel der Pensionäre gehören der römisch-katholischen Kirche an...“

• „Wir wollen verhindern, daß Sekten, die sehr aktiv sind, Unruhe in die Pensionistenheime bringen. Das kann nur geschehen, indem wir die Religionsausübung außer Haus oder in die Privatsphäre verlegen. Wir könnten nicht einer Konfession etwas zugestehen und anderen verbieten. Es sind daher auch in Zukunft keine Räume für die Religionsausübung in den Pensionistenheimen vorgesehen.“

• „... wenn es Pensionisten gibt..., die auf Betreuung in religiöser Hinsicht Wert legen, so können diese die Aufnahme in einem konfessionell geführten Heim in Erwägung ziehen.“

Schließlich wendet sich Stadtrat Stacher noch an ein älteres Ehepaar, das in einem Leserbrief einen Artikel der SPÖ-Bezirkszeitung „Währinger Spiegel“ über Pensionistenheime kritisiert hatte: „Jene Pensionäre, die dies (den Kirchenbesuch, d. Red.) wünschen, besuchen regelmäßig die Kirche. Und jenen Pensionären, die nicht mehr gehfähig sind, nützt auch eine Messe im Haus nichts.“

Die starke Reaktion der älteren Mitbürger, die sich vor allem durch Leserbriefe an Zeitungen bemerkbar machte, veranlaßte die Wiener De-chantenkonferenz zu einer Resolution. In der auch von Bischofsvikar Josef Zeininger unterschriebenen Resolution drückt die Dechanten-konferenz ihr Befremden aus, daß es „in dieser Angelegenheit stets klare, ja brüskierende Absagen“ gegeben habe. Schärfstens wird dagegen protestiert, daß in einem Stacher-Brief „die anerkannten christlichen Religionsgemeinschaften mit Sekten gleichgesetzt werden“.

Auch der Obmann des ÖVP-Senio-renbundes, Hermann Withalm, schaltete sich ein. Er bezeichnet die von Stacher angeführten Argumente als „völlig unzulänglich und ins Leere gehend“.

Stadtrat Alois Stacher selbst wandte sich mittlerweile an Kardinal Franz König und schwächte seine „klare Absage“ gegenüber dem Wiener Erzbischof ab. Er will aber erst nach dem 6. Mai darüber konkret weiterdiskutieren, denn schließlich solle das Thema „nicht in den Wahlkampf gezogen werden“.

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