(Internationales Musikfest im Konzerthaus Wien, „Doktor Faust“ von Ferruccio Busoni) Von allen bisher aufgeführten Faust-Paraphrasen ist diese Aufführung von Busonis Werk die verdienstvollste, wichtigste. Zu neuen Bühnenehren wird zwar auch diese Wiedergabe dem Werk nicht verhelfen können, zu sehr fehlte dem mystisch-exaltierten Deutsch-Italiener Busoni (1866 bis 1924) die Theaterpranke. Aber Teile dieser Oper — wie die Arid der Herzogin — verdienten es, in die Konzertsäle Eingang zu finden.
Der Dirigent Gerd Albrecht war Busoni ein hervorragender Anwalt. Genau traf er Busonis Ästhetik leidenschaftsloser
Schilderungen, mit Elan führte er ORF-Orchester und ORF- und Jeunesse-Chor durch die bald düster-magische, bald gespenstisch aufleuchtende Klangwelt. Und in seiner oratorienhaften Wiedergabe störte auch die schwache Dramaturgie des „Doktor Faust“ kaum: etwa, daß Gretchen nicht vorkommt, daß Faust keine menschlichen Bindungen hat, daß bei ihm alles auf den Tod am Rande des magischen Kreises zustrebt. Hervorragend die Besetzung: Günter Reich als Faust, William Cochran als Mephisto, Janis Martin als Herzogin.