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„Priamos-Schatz” an Russen?

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Wann und wo wird der sogenannte Schatz des Priamos, der 1873 von Heinrich Schliemann aus der Türkei geschmuggelte, 1881 dem „deutschen Volke zum ewigen Besitz und zur ungetrennten Aufbewahrung gegebene” und seit 1945 verschollene Schatz aus dem mythenumwobenen Troia wieder zu sehen sein?

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Wann und wo wird der sogenannte Schatz des Priamos, der 1873 von Heinrich Schliemann aus der Türkei geschmuggelte, 1881 dem „deutschen Volke zum ewigen Besitz und zur ungetrennten Aufbewahrung gegebene” und seit 1945 verschollene Schatz aus dem mythenumwobenen Troia wieder zu sehen sein?

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Das Wiener Kunsthistorische Museum scheint das Rennen verloren zu haben. Dabei machten sowohl die Direktorin des Mo skauer Puschkin-Museums, Irina Antonowa, als auch der russische Außenminister Andrej Ko-syrew bald nach der Bestätigung, daß sie im Besitz eines Teiles der einmaligen Sammlung seien, Generaldirektor Wilfried Seipel Hoffnungen auf die erste Auslandspräsentation der ursprünglich aus 9.700 Einzelobjekten bestehenden Sammlung Troianischer Altertümer.

Funde nach Athen?

Doch auch Boris Jelzins Versprechen gegenüber der griechischen Kulturministerin Dora Bekojannis, die als Beutegut des Zweiten Weltkrieges aus Berlin verschleppten Diademe, Armreifen, Ringe und Schalen aus Gold, Elektron und Silber anläßlich der Wiedereröffnung der renovierten Schliemann-Villa in Athen zeigen zu können, dürfte bedeutungslos bleiben.

Der Berliner Kulturse-nator Ulrich Roloff-

Momin jedenfalls formulierte den deutschen Standpunkt dahingehend, daß eine Vergabe des Schatzes zu Ausstellungszwecken an Dritte der im vergangenen Februar in Dresden stattgefundenen deutsch-russischen Konferenz zur gegenseitigen Rückgabe der Kulturgüter entgegenstehe. „Sie wäre”, erklärte er, „in den internationalen staatlichen Kulturbeziehungen ohne Beispiel und würde den Fortgang der Beratungen belasten.”

Wieviele Stücke des Schliemann-Fundes aus Berlin nach Moskau gelangt sind, ist nach wie vor unbekannt. Bei den Dresdener Verhandlungen konnte die russische Seite keine diesbezüglichen Angaben machen.

Nach Irina Antonowa dauert die wissenschaftliche Aufarbeitung der Gegenstände rund zwei Jahre - und das, weil der unter dem Schutt von sieben verschollenen Reichen auf dem Hügel von Hisarlik zutage gekommene Schatz noch niemals nach zuverlässigen Methoden untersucht worden ist. Nur daß er nicht aus der Zeit des Troianischen Krieges (1190-1180 v. Chr.) stammt, steht fest. Kulturminister Jewgeni Sidorow schließt deshalb eine Begutachtung durch eine internationale Kommis-. sion nicht aus.

In der Wochenzeitung „Literaturnaja Gaseta” kündigte er überdies an, der Schatz würde vorder Rückgabe an Deutschland in Moskau präsentiert werden. Irina Antonowa soll aber dem Vernehmen nach noch keine ministerielle Anweisung zur Vorbereitung der Ausstellung erhalten haben.

Türkei-Anspruch

Die Türkei, die bereits 1874/75 mit Schliemann um die Herausgabe des Goldfundes prozessiert hatte und mit einer Entschädigungssumme in Höhe von 10.000 Francs sowie einer freiwilligen Schenkung für das Museum in Konstantinopel (Istanbul) abgefunden worden war, erhob jetzt Einsprüche gegen eine Rückgabe an das Berliner Museum fürV or- und Frühgeschichte Stiftung preußischer Kulturbesitz und machte Rechtsansprüche geltend.

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