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Projekt Basler Totentanz

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Tod und Sterben sind Tabuthemen. In einer Gesellschaft, die den Jugendkult pflegt und der geschmeidigen Spannkraft des Körpers bis ins höchste Alter das Wort redet, beschleicht nahezu jeden bei der Nennung des Begriffs der letzten Tage im Leben ein Unbehagen. Umso merkwürdiger mag einem das Anliegen von Herwig Zens anmuten, der durchaus im Sinne der Moritatentafeln des 17. und 18. Jahrhunderts einen gewaltigen Zyklus zum Thema „Projekt Basler Totentanz” gestaltet hat. 1988 begann die Arbeit, die vorerst in einem Zyklus von kleinen Acrylstudien (25 mal 25 Zentimeter) der jeweiligen Gruppen bestand. Danach entstand eine Reihe von Bildern (45 mal 40 Zentimeter), welche sich mit der Bewegungsform des Todes beschäftigen. Außerdem schuf Zens einen vier-zigteiligen Radierzyklus, der der Vertiefung des Themas diente.

Im Sommer 1989 begann Zens mit der Gestaltung der großen Formate. Der gesamte Zyklus umfaßt 40 Bilder, die in Anlehnung des teilweise zerstörten Originals in Basel den Tod zeigen wie den Pabst, den Kaiser, den Cardinal, aber auch den Krüppel, den Narren, den Blinden, den Heiden und den Juden in seinem letzten Tanz mitnimmt.

Zu den einzelnen Arbeiten hat Erich Rentrow einen Gedichtzyklus geschrieben. Die großen ethischen Themen werden angeschnitten: Selbstbetrug, Weghören, Korruption, Gedankenlosigkeit, kurz: das gesamte Spektrum an menschlicher Unvollkommenheit wird in einem sprachlichen Bilderbogen einzuf an-gen versucht.

Das entspricht auch der Intention des Malers, der das große Welttheater mit seiner Kunst beschwören wollte. Den persönlichen Ausgangspunkt charakterisiert Zens mit den Worten: „Wenn Sie je vom Tod persönlich angerührt werden, gibt es kein wesentlicheres Thema mehr. Und je länger man lebt, desto intensiver wird seine Gegenwärtigkeit.” Zens beschäftigt sich mit dem Wesentlichen, ohne aber dabei das Medium zu mißachten. Die Lust an der Gestaltung ist ebenso spürbar wie das Verlangen, Themen in gültigen Interpretationen abzuhandeln.

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