Ganz nahe dran, auf der Leiter stehend, hat Christoph Luger, der 33jährige gebürtige Bregenzer, an dem fünf mal 3,5 Meter hohen Bild gearbeitet, für das ihm der dies-j ährige Otto Mauer-Preis zuerkannt wurde. Schon durch die bei ihm üblichen Großformate bedingt hatte Luger Schwierigkeiten, ein eigenes Atelier zu finden. Außerdem braucht er auch die Übereinstimmung mit dem Raum, in dem er arbeitet - sie ist nicht überall gegegeben. Auch das Licht spielt dabei eine Rolle. Jetzt hat er ein Atelier im WUK, dem alternativen Werkstätten & Kulturhaus in Wien.
Schon während der Schulzeit in Bregenz ist Luger immer mit dem Zeichenblock unterwegs gewesen, dann ist er in die Graphikklasse von Maximilian Melcher an der Akademie der bildenden Künste in Wien aufgenommen worden. Trotz seines Maler-Onkels Leopold Fetz aus Bregenz, in dessen Atelier Luger seine ersten Malversuche startete.
Außerdem hat Luger die Kunsterzieherausbildung und eine fast fünfjährige Tätigkeit in diesem Beruf hinter sich. Nun jobbt er nebenbei, denn die Arbeit an seinen fast immer riesigen Formaten dauert lange (ein Jahr für das preisgekrönte Werk „Ohne Titel"). Und es ist auch schwierig, sie - ob mit oder ohne Galerie - zu verkaufen.
Maximilian Melcher selbst habe ihn zu diesen Formaten geführt, sagt Luger, der Professor habe den Blick dafür gehabt und er habe ihm vertraut. In der Akademie, in einem sechs Meter hohen Raum, habe er -zunächst zögernd - angefangen. Und dabei ist Luger geblieben. Das Zeichnen mit Kohle gibt das Schwarz vieler Arbeiten Lugers vor. Auch mit Leimfarben in kräftigen Farbtönen hat er gearbeitet.
Nach dem Abschluß der Akademie wurden die Werke, durch die verfügbaren Raumhöhen bedingt, kleiner, allmählich haben sich die Bilder verändert. An einem bestimmten Punkt hat Luger dann seine bisherigen Arbeiten in Frage gestellt, hat neu angefangen: drei Jahre hat es gedauert, bis das „neue" Bild fertig war, feinliniger, grafischer.
Lugers Werke haben keine Titel, diese Anschau-Hilfe hält er für überflüssig, die Figuren auf seinem preisgekrönten Werk etwa sind wieder in die Schwärze versunken. Luger bearbeitet den Papieruntergrund einerseits collagierend mit aufgeklebten Papierstreifen, andererseits werden durch den Untergrund entstehende Löcher im Papier in die Arbeit miteinbezogen.
Mit dem im Laufe eines Jahres entstehenden Bild hat Luger dann gelebt, intensiv gelebt, es langsam entwickelt. Da ist es schwierig, über Bildthemen, Bildinhalte Aussagen zu machen. Weder Skizzen noch fest umrissene Vorstellungen stehen am Anfang. „Fertig" sei ein Bild, wenn es gelinge, seine „innere Größe" und seine tatsächliche Größe zur Übereinstimmung zu bringen. Das Bild sei - für ihn genau feststellbar -dann „in der Schwebe".
Als Auftragsarbeit hat Luger eines seiner Bilder auf ein Fresko übertragen, im „Bunten Vogel" der Wiener ÖVP, leider sei es im Zuge von Umbauarbeiten zerstört worden.
Die Jury-Beurteilung vom „ernsten, tragischen Weltverständnis", das in Lugers Bildern zum Ausdruck komme, überrascht ihn, er meint seine Arbeiten seien angenehm anzuschauen, angenehm schwarz. Er sehe sich nicht als Einzelgänger, aber künstlerisch gehe er seinen eigenen Weg, unabhängig auch von seinen Künstler-Freunden. Das gelte auch für seine Frau Sabine, ebenfalls eine gebürtige Vor-arlbergerin, die auch Grafikerin sei. Sie beide arbeiteten eigenständig und ohne einander dreinzureden.
Könnte sich Luger vorstellen, für einen Kirchenraum zu arbeiten -gerade seine großen Formate wären ja von den Dimensionen her dazu geeignet. Es dürfte nicht so sein wie „Kunst am Bau" eine Art Verzierung des Bauwerkes, sondern es müßte ein anderer Weg eingeschla-
gen werden, meint er. Für beide Seiten sei das ein Wagnis; seitens der Kirche wäre ein wirkliches Interesse notwendig und der Künstler müsse sich herausfordern lassen. „Das wäre etwas sehr Radikales, das würde mich reizen", sagt Luger.
Wenn die Kirche die Herausforderung biete, dann würden auch die richtigen Künstler darauf reagieren, würden keine Illustrationen : abgeliefert werden. Es mangle auch an Partnern innerhalb der Kirche. Im Barock hätten die Maler an die Engel geglaubt, die sie malten, heutige Künstler könnten auch nur das malen, woran sie glaubten, das müßte die Kirche mitvollziehen.
Zwei Werke von Christoph Luger sind derzeit in der Ausstellung „Unbedingt" in Graz zu sehen und Anfang 1991 in der Wiener Votiv-kirche, im Frühjahr stellen er und seine Frau im Künstlerhaus Bre-genz aus.