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Schafzucht im Kreuzfeuer

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Engelbert Miedler ist Fleischhauer in Wien. Vor zwanzig Jahren hat er mit einem Geschäft angefangen — jetzt ist der Schafskopf auf seiner Krawatte das Markenzeichen.

Das Sortiment in den Vitrinen ist mindestens so nobel wie die Kundschaft. Die Küchenchefs vom „Sacher”, „Bristol” oder den „Drei Husaren” besorgen sich bei ihm Lammrücken oder ausgelöste Lammschultern, hie und da auch einen Ochsenschlepp.

Eines versteht Herr Miedler aber nicht: „Wieso können wir das Lammfleisch nicht bei uns erzeugen, wo wir doch enorme Summen dafür hinauswerfen, unsere Rindfleischüberschüsse zu exportieren?” Miedler war vor Ostern in Tirol, um österreichische Oster-lämmer zu ergattern. Nicht einen „Lamp'lschweif” hat er zu sehen bekommen. Die paar Händler, die dort den Markt beherrschen, exportieren lieber und kassieren dafür eine gute Million Exportförderung vom Landwirtschaftsminister. Obwohl 100.000 Lämmer importiert werden müssen, haben allein Tiroler Händler im Vorjahr 6.700 Schafe außer Landes verkauft.

Bei den agrarischen InteressenVertretungen ist man sich dieser Problematik natürlich bewußt -die Lösungsansätze sind aber von beträchtlichem Unterschied.

Da gibt es einmal den Obmann des niederösterreichischen

Schafzuchtverbandes, Franz Krenthaller. Mit seinem Mitarbeiter Johann Hörth vermittelt er den Züchtern Know-how punkto Fütterung, Kreuzungsmöglichkeiten und Schlachtungen. „Nur eine Beachtung all dieser Faktoren ergibt jene gute Fleischqualität, die notwendig ist, um mit den Importen konkurrieren zu können”, weiß Hörth, denn die ausländischen Händler stehen Gewehr bei Fuß.

Die neuseeländische Schafzuchtgenossenschaft Waikiki zum Beispiel, die 70 Prozent der beinahe 50 Millionen Schafe auf der Insel „hütet”, liefert prompt. Auf telefonische Bestellung schicken die Neuseeländer mit Flugpost beispielsweise einen Container ausgelöste Lammschulter tiefgekühlt - innerhalb kürzester Zeit.

Auf andere Weise will die Lebensmittelhandelsfirma „Bio-merx” den Schafimporten begegnen: Werner Schindel, Geschäftsführer dieser Firma, die zu Raiff-eisen gehört, will den Landwirten tschechische Junglämmer verkaufen; hier in Österreich sollen die Tiere weiter gemästet werden. Den Antrag auf Import von 750 solcher „Lämmerbabies” hat die „Biomerx” an die zuständige Vieh- und Fleischkommission gestellt, dort liegt er allerdings seit Mai unbearbeitet.

Wie lange sich dieser „deal” hinauszögern läßt, ist fraglich, und die Fronten verlaufen quer durch die agrarischen Interessenvertretungen. Bauernbunddirek-tor Alfred Fahrnberger kann der Idee des „Fertigmästens” jedenfalls einiges abgewinnen: „Da wir momentan den Bedarf nicht selbst decken können, halte ich es für besser, auf diese Art einen Teil der Wertschöpfung ins Land zu holen.”

Das letzte Wort in dieser Auseinandersetzung ist sicherlich noch nicht gesprochen.

Der Autor ist Nebenerwerbsbauer.

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