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Simone Weil in Auswahl

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„Zeugnis für das Gute” nennt der Herausgeber und Übersetzer dieser Texte, Friedhelm Kemp, seine Auswahl der „Traktate - Briefe - Aufzeichnungen” von Simone Weil, dieser höchst merkwürdigen Französin jüdischer Herkunft. Sie starb im August 1943 mit 34 Jahren nach monatelangem Spitalsaufenthalt in Ash- fort/Kent: „Versagen des Herzens infolge Herzmuskelschwäche, verursacht durch Auszehrung und Lungentuberkulose”, lautete der Befund. Die Arztenstochter (1909 in Paris geboren) litt seit ihrem 20. Lebensjahr nahezu ständig an heftigen Kopfschmerzen, erwarb 1925 das Bakkalaureat für Philosophie, promovierte 1931, unterrichtete zeitweise an verschiedenen Schulen, publizierte seit 1928, trat für Forderungen der Arbeiter ein, beteiligte sich an Demonstrationen sowie an Gewerkschaftskongressen, wobei sie die kommunistische Internationale scharf kritisierte, war zwischendurch Akkordarbeiterin, nahm am spanischen Bürgerkrieg teü und stand, philosophisch und theologisch hochgebildet, kompromißlos zum Christentum katholischer Prägung. Allerdings lehnte sie es ab, sich taufen zu lassen.

„Die Gottesliebe und das Unglück”, am Beginn des Buches, nimmt ihre ganze Anschauungsweise bereits vorweg. Dieses Unglück sei „etwas Einzigartiges und Unvergleichliches”, sei „untrennbar von körperlichen Leiden und dennoch etwas völlig Verschiedenes”, das „große Rätsel des menschlichen Lebens” und „beiweitem etwas anderes als eine Erziehungsmaßnahme Gottes”, eher „ein Wunder der göttlichen Technik”. Kurzum, all das sind bravouröse, mit intellektueller Kühnheit durchdachte Meditationen, wobei die „Fünf Briefe an Pater Jean-Marie Perrin” mit ihrem Bekenntnisreichtum besonders hervorzuheben wären.

„Nachbemerkungen des Herausgebers”, eine „Lebenstafel”, der „Quellennachweis”, die „Bibliographischen Angaben” und „Anmerkungen” ergänzen diese Einführung in die Welt der Simone Weil. Es ist gelungen, in Kürze eine Vorstellung ihrer konsequenten Denkweise zu vermitteln. Das Wichtigste dabei war die richtige und kongeniale Wiedergabe ihrer subtilen Diktion, mit einer das Paradoxe nicht scheuenden Argumentationsmethode. Der namhafte Übersetzer Friedhelm Kemp war dem Original sprachlich und geistig gewachsen.

ZEUGNIS FÜR DAS GUTE. Von Simone Weil. Walter-Verlag, Olten, geheftet, 294 Seiten. S 223.30.

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