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Skurril?

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Die Österreicher - ebenso wie Angehörige anderer (bevölkerungsmäßig) kleiner Nationen - sind nur allzu erpicht darauf, zu erfahren, wie Ausländer über sie denken. Am 3. März hatten sie Gelegenheit dazu: Im „Nachtstudio“ sprach Alexander Giese mit dem amerikanischen Historiker William Johnston, Autor eines umfangreichen enzyklopädischen Werkes über die Geistesgeschichte in der Spätzeit der Habsburger Monarchie.

Der Titel der Sendung „Zwu- sehen Genialität und Skurrilität“ - obwohl von Prof. Johnston selbst geprägt - war vielleicht ein wenig unglücklich. Es ist jedenfalls verhängnisvoll, über Humor humorlos zu diskutieren, und man kann sich wohl kaum jemanden weniger skurrilen vorstellen als den ernsten, feierlichen Prof. Johnston.

Ich kann ihm auch nicht so recht zustimmen, wenn er die Skurrilität alseine typisch österreichische Form des Humors darstellt: sie ist jedenfalls den Juden oder den irischen Katholiken nicht weniger zu eigen.

Ansonsten präsentierte Johnston eine Fülle interessanter Beobachtungen. Er begann die österreichischen Gelehrten als universale Denker zu bewundern und stellte diese Meisterschaft dem Hang der Amerikaner zur Spezialisierung gegenüber.

Auch von der für österreichische Denker charakteristischen „Sprachskepsis“ ist Johnston fasziniert. Wahrscheinlich ist sie eine zwingende Reaktion, die der Positivismus von einem hochgebildeten Geist hervorlockt (Wittgenstein litt geradzu unter dem, was er nicht ausdrük- ken konnte).

österreichische Fernsehzuschauer mögen sich über einen amerikanischen Wissenschafter gewundert haben, den die österreichische Vorkriegskultur derart in ihren Bann gezogen hat. Seltsamer jedoch ist allerdings, daß sich nicht mehr Österreicher von dieser großen Ära ihrer Vergangenheit angezogen fühlen.

(auch ein Amerikaner)

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