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Soziologie und Sozialpolitik

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Anton Burghardt ist der wohl heute bedeutendste österreichische Sozialpolitiker. Im Verlauf seiner langjährigen Tätigkeit hat Burghardt eine Reihe von sozialwissenschaftlichen Standardwerken vorgelegt, daneben aber auch eine Fülle von kleineren Einzelarbeiten.

Es war daher eine besonders glückliche Idee, den 70. Geburtstag von Burghardt durch Herausgabe einer Festschrift besonderer Art zu feiern, die nämlich eine Zusammenfassung einer Reihe kleinerer Schriften des Jubilars in einer systematischen Form gebracht hat. Damit ist ein weiteres Standardwerk von Burghardt vorhanden.

Die vorliegende Festschrift ist ein Beweis dafür, daß Burghardt es immer wieder verstanden hat, grundsätzliche Aussagen mit aktueller Problematik zu verbinden. So weist er nach, daß eine Bewältigung der technologischen Probleme unserer Zeit neben der Optimierung von Sicherheitsvorkehrungen bei technischen Prozessen eine umfassende Information der Staatsbürger voraussetzt. Nur Informierte werden ange-

sichts der Komplexität der technischen und ökonomischen Probleme die Angst verlieren, daß wir dieser technologischen Entwicklung ausgeliefert sind.

Am Beispiel der Kernenergie macht Burghardt dies besonders deutlich. Er zeigt die Gefahren von Informationsdefiziten, etwa über das Ausmaß der Strahlenbelastung der in der Umgebung der Atomkraftwerke wohnenden Menschen auf. So wird deutlich, daß die Technikverdrossenheit weithin Ausweis unzureichenden Sachwissens ist.

Hier und an anderen Stellen zeigt Burghardt Zukunftsperspektiven auf, die unsere moderne Politik längst noch nicht in ihren Aktionsbereich einbezogen hat.

So wie die Festschrift als etwas Eigenes und Besonderes anzusehen ist, so gilt dies auch für Burghardt als Persönlichkeit. Er hat sich nie als einer von jenen verstanden, die immer mit den Trends der Zeit gehen.

Ganz im Gegenteil hat Burghardt vor einiger Zeit bei einer Ehrung sich selbst

als Dissident bezeichnet. Das mag übertrieben klingen. Sieht man die vorliegende Festschrift kritisch durch, merkt man immer wieder persönliche Analysen und Perspektiven.

Burghardts besondere Sorge galt immer jenen „Restbereichen" der Wohlstandsgesellschaft, in denen noch echte Armut gegeben ist. In der Festschrift Findet sich eine Arbeit von Burghardt über den „residualen Pauperismus" zwar an letzter Stelle, in Burghardts Denken nehmen diese Überlegungen aber eine hervorragende Stellung ein.

Nicht nur bei diesen Überlegungen spürt man, daß der Sozialpolitiker Anton Burghardt nicht nur von christlichen Wertvorstellungen bestimmt ist, sondern letztlich aus einer lebensnahen Humanität heraus seine wissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Konzeptionen entwickelt hat.

FESTSCHRIFT FÜR ANTON BURGHARDT: Herausgegeben von Alois Brusatti, Johannes Messner u. a. Duncker & Humboll, Berlin 1980. 326 Seiten, öS 754.60

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