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Lindsay Anderson, geboren 1923 in Bangalore, gehört zu jenen seltenen „Prominenten“ — ein häßliches, heute bei uns stark mißbrauchtes Schlagwort, in das Klatschtanten ebenso Fernsehsprecher wie Aristokratenabkömmlinge, Friseure wie Fitostars und Kleinstkabarettisten wie Parteiemporkömmlinge einreihen —, denen an öffentlichem Ruhm nichts liegt und die nur dann von sich reden machen, wenn sie wirklich etwas zu „sagen“ haben; das letzte Mal war dies 1968 bei seiner erziehungskritischen Filmparabel „If ...“ der Fall, dann ließ sich Anderson wieder fünf Jahre Zeit, bis er erneut seine engagierte Überzeugung mit „O Lucky Man“ demonstrierte. Daß die darin enthaltene exemplarische, moralische und belehrende Charakteristik der menschlichen Zivilisation im Jahre 1974 nach Christi und der menschlichen Verhaltensweise im gleichen Jahr ebenso oberflächlichen Tratschjournalisten schon in Cannes auf die Nerven gegangen ist wie allein-parteigelenkte Kritik verstört „fehlende Zielsicherheit“ beklagen läßt, ist nur allzu klar und offenkundig — der Film läßt sich nicht einordnen, nicht in bestimmte Denkkategorien pressen. Wer ihm vorwirft, was er aufzeigt, seien Kabarettsketche von mitunter ziemlich banaler Allgemeinerkenntnis, mag recht haben — doch mit welcher

Konsequenz und vor allem faszinierendem filmischem Können die Reise des Mick Travis (so hieß schon der Hauptheld in „If...“, gleichfalls von Malcolm McDowell verkörpert) durch das Land der Riesen und Zwerge, der Sexualbesessenen wie Wissenschaftler, der Industriegiganten wie Politiker und der Reichen wie Armen gestaltet ist, das verlangt Bewunderung.

Und daneben läuft dann eine „neue Hoffnung des österreichischen Films“ in der Öffentlichkeit an... So kümmerlich ist „Das Manifest“ des (durch bewundernswert rege Aktivität an allen möglichen und unmöglichen Stellen auffallenden) Griechen Antonis Lepeniotis ausgefallen, daß es nicht einmal Parteifreunden möglich war, in der Prädäkatisie-rungskommission das kleinste Prädikat herauszuschinden (und das heißt bei deren Zusammensetzung und Absicht etwas!); wenn auch das zweifellos — zu auffallend — heftige Bemühen dieses Teams ambitionierter Amateure bestätigt werden muß, so ist der Film in seiner dramaturgischen Unzulänglichkeit, hilflosen Darstellerführung und niohterkennbaren Regiekonzeption so unbedeutend, daß er mit Recht bald vergessen sein dürfte. Und das wahrhaft einzig österreichische an dem Ganzen ist das unverständliche Phlegma oder die Interesselosigkeit (in kulturellen Belangen), mit der hier Herr und Frau Österreicher von der sinnlosen Verschleuderung ihrer Steuergelder (für parteigelenkte Subventionen) keine Notiz nehmen...

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