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Staatszirkus macht Staat

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Der im Programmheft zitierte „typische Manegegeruch“ zieht sich zwar nicht bis in die oberen Ränge der Stadthalle - trotzdem ist der Institution regelmäßiger Zirkusgastspiele in Wiens größter Halle (die nach wie vor eine der schönsten Hallen Europas ist, wenn man von den heutigen Erwartungen nicht mehr entsprechenden spartanischen Pausenräumen und vom teilweise ruppigen Personal absieht) zu ihrem 20. Geburtstag ein Erfolg zu bescheinigen Und, noch dazu, ein verdienter. Denn 1958 wurde dem Zirkus von allen Seiten das nahe Ende prophezeit Der Entschluß, Jahr für Jahr einen Zirkus einzuladen hat sich dabei per saldo wahrscheinlich nicht einmal als Konkurrenzierung der dann und wann gastierenden Zelt-Zirkusse erwiesen, sondern sogar als Hilfe im Uberlebenskampf (weü dadurch der Zirkus an sich im Gespräch blieb).

Freilich: Echte Zirkusatmosphäre kann die Halle nicht bieten. Das Schnauben der Pferde kann man nicht einmal bis in die mittleren Ränge hören die Tiere nicht riechen. Um so größer die Anforderungen an die gezeigten Leistungen, die sich in dieser etwas zirkusfremden Atmosphäre zu behaupten haben Der sowjetische Staatszirkus, der schon mehrmals hier gastiert hat schafft es - er bietet Zirkus so hoher Perfektion, daß die Wirkung die Entfernung überbrückt

Das Programm ist von Anfang bis Ende sehenswert. Jede Nummer wird so serviert, daß sie zumindest neu erscheint obendrein mit Eleganz und Nonchanalce. Und einige der gezeigten Leistungen haben höchstes Niveau. Exzellent der Jongleur Begbudi, der hoch zu Roß gefüllte Wassergläser durch die Luft wirbelt, ohne etwas vom Inhalt zu verschütten, hübsch die Einbeziehung der drei Bären in die Arbeit der Beljakows mit ihrer „Russischen Schaukel“ - und ganz hervorragend Ludmilla und Wladimir Schwetschenko mit ihrer gemsichten Raubtiergruppe, die den Know-how der sowjetischen Verhaltensforschung nicht verleugnen kann - das Ergebnis ist ein fast schon inniger Kontakt zwischen Mensch und Tier, den ich in dieser Intensität bisher in keiner Manege gesehen habe.

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