Die Zukunftsaussichten der österreichischen Stahlindustrie sind gut, nur die gegenwärtigen Probleme harren einer Lösung; so könnte man den Inhalt der beiden kürzlich erstellten Gutachten in einem aphoristischen Satz zusammenfassen, der aber den Betroffenen als zu leichtfertig klingen mag.
Tatsächlich steht im Gutachten von Booz-Allen & Hamilton: „Es gibt keine ursächlichen Gründe, warum Österreich keine starke und lebensfähige Stahlindustrie haben sollte“ und „Technische Fähigkeit und in einigen Fällen technische Führerschaft wurden eindeutig bewiesen“. Im Ausland hat man eben trotz der juristischen Fehler — zum Beispiel bei der Patentanmeldung in den USA — nicht vergessen, daß das LD-Verfahren (Sauerstoffblasverfah- ren, nach den Erfindern Linz-Donawitz-Verfahren genannt) eine österreichische Erfindung ist. Die Lizenzeinnahmen dafür dürften einen nicht unerheblichen Teil der gesamten österreichischen Lizenzeinnahmen darstellen, wenn auch bisher darüber keine statistischen Daten veröffent licht worden sind. Standen doch zu Beginn des Jahres 1968 in der Welt 113 LD-Stahlwerke in Betrieb und 44 LD-Stahlwerke in Planung und Bau. Weiter heißt es in diesem für die österreichische Stahlwirtschaft im ganzen gesehen gar nicht schlechten Gutachten: „Ein großer Teil der Stahlindustrie hat seit langem einen hochangesehenen Rang auf dem internationalen Markt“, und die Überschrift zu dem zusammenfassenden Urteil des amerikanischen Gutachtens lautet sogar: „In Österreich kann trotz des sich ständig verschärfenden internationalen Wettbewerbs eine lebensfähige Stahlindustrie bestehen.“ Die Tragweite dieser Aussage kann nur der richtig ermessen, der weiß, daß seit 1964 die Stahlproduktion der Welt von 435 Millionen Tonnen auf 484 Millionen Tonnen angestiegen ist, die rasch wachsende Produktion der Volksrepublik China nicht mitgerechnet. In diesen drei Jahren hat sich also die Weltproduktion an Stahl um fast 50 Millionen Tonnen oder um rund die 16fache Rohstahlerzeugung Österreichs im Jahre 1967 (3,0 Millionen Tonnen) erhöht.
