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Strahlungen

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Mit 85 Jahren beginnt Ernst Jünger eine neue Edition seiner Tagebü- cher („Strahlungen“ hatten sie geheißen und waren viel gelesen). Der erste vorliegende Band „Siebzig verweht“ beginnt an seinem 70. Geburtstag 1965 und reicht bis 1970.

Der Alltag in seinem Alterssitz Wilflingen und die großen Reisen nach Ostasien, Angola, Korsika, Rom und Island füllen die Seiten mit faszinierenden Beobachtungen und Bestandsaufnahmen, unter dem Motto ».Auch das Leben will gelernt sein“. So gibt es weder Belangloses noch Hochtrabendes auf diesen Seiten.

Gleich zu Beginn steht ein Satz, der Jüngers Sicht charakterisiert: „Das Universum konzentriert sich mit wachsender Farbigkeit auf ein Stilleben“. Im Alltäglichen wie im Außerordentlichen sucht er nach der Substanz, die das Leben lebenswert oder auch nur erträglich macht.

Seine berühmten „subtilen Jagden" lassen das Ganze im Detail sichtbar werden, ob er nun Pflanzen und Tiere, Menschen und Kulturen oder Zeitgeist und Religion untersucht. Gerade das ist das Faszinierende: Im Detail den ganzen Kosmos zu finden, in den Blüten die Landschaft, im Menschlichen-All- zumenschlichen den Geist des Menschen.

Im Angesicht fremder Kulturen gewinnt sein Blick an Schärfe der Unterscheidungskraft, wo das Wesentliche zu finden ist: in Meditation, Gebet, Opfer und nicht in modischer Bildstürmerei eines religionslosen Christentums, das früher antike Kunstwerke verstümmelt hat und heute Ähnliches mit seiner rationalistischen Entmythologisie- rung tut.

Der Stil wie immer von klarer Schönheit. Wohl wirft ihm mancher Rezensent Apodiktik vor, doch es geht eher um ein Konzentrat mit Ausstrahlung ins Offene.

SIEBZIG VERWEHT I. Von Ernst Jünger. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 1980. 597 Sei- ten, öS 269.50

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