Ein im „Jahrhundert der Barbarei" (F. Heer) leider nur allzu aktuelles Buch! Wenn auch zur Zeit nur Ausläufer des internationalen Terrorismus die Gestade der „Insel der Seligen" erreichen und es (noch) undenkbar ist, daß wieder Österreicher gegen Österreicher die Mordwaffe erheben, so erinnert uns das vorliegende Buch daran, daß es nicht immer so war.
In diese Zeit blendete der ORF vor einigen Monaten mit einer ebenso interessanten wie umstrittenen Sendung zurück. Die Autoren derselben haben sich nun entschlossen, eine mehr in die Tiefe lotende und erweiternde Untersuchung der „Attentate, die Osterreich erschütterten" — angefangen von dem Anschlag auf Kaiserin Elisabeth bis zum Mord an Bundeskanzler Dollfuß — in Buchform vorzulegen.
Mit der einen oder anderen Ausnahme sind sie alle innerhalb der „linken Reichshälfte" politisch oder geistig beheimatet. Dementsprechend ist ihr Geschichtsbild auch geprägt. Das vorliegende Buch verlangt daher kritische Leser.
Davon ausgenommen: Brigitte Hamann mit ihren Untersuchungen des Mordes an Kaiserin Elisabeth.
Wie sehr jede Zeit zu Kurzschlüssen neigt, zeigt eine Beurteilung des „Illustrierten Wiener Extrablattes", welches 1898 den alleinigen Urgrund des anarchistischen Terrorismus in „Massenelend und Massenunbildung" zu orten vermeinte. Der Verfasser konnte freilich nicht ahnen, daß ein Jahrhundert später in Mitteleuropa aus dem Wohlstandsmilieu höherer Pastorentöchter und anderer deutscher Großbürgerkinder der Anarchismus erneut sein Gorgonen-haupt erheben sollte...
ATTENTATE, DIE OSTERREICH ERSCHÜTTERTEN. Hrsg. von Leopold Spira. Locker-Verlag, Wien 1981. 152 Seiten mit 29 Abb., öS 148,-.
