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Unfähig zur Liebe

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Joyce Carol Oates Roman „Unheilige Liebe" führt den Leser in eine kleine Universitätsstadt im Osten der Vereinigten Staaten. Der Universitätsvorstand lädt den berühmten englischen Dichter Albert St. Dennis ein. Ihm zu Ehren werden verschiedene Parties veranstaltet. Auf ihnen trifft sich eine geschlossene Gesellschaft, Professoren, Dozenten und die dazugehörigen Frauen.

Alpdruckartig, unbarmherzig und gleichzeitig auch äußerst witzig beschreibt Joyce Carol Oates die verzweifelte Gesellschaft dieser akademischen Welt, in der unbarmherziger Konkurrenzdruck zu exzentrischer Selbstdarstellung und größenwahnsinniger Aufgeblasenheit führt. Das Thema ist die Unfähigkeit dieser Menschen, einander wirklich zu lieben und miteinander zu leben.

Eine der Hauptfiguren ist Bri-git Scott, eine junge Dozentin für Literatur. Sie ist die einzige,

die eines Tages schockartig begreift, daß ihr von frühester Kindheit an das Leben mit all den Menschen, die einmal zu ihr gehörten, verlorengegangen ist. Sie war unfähig gewesen, sie in richtiger Weise zu lieben.

Diese Erkenntnis löst eine Sperre in ihr, sie kann wieder schreiben, fast suchtartig versucht sie, sich ihr fremdgewordenes Leben zurückzuholen, wenn auch nur, indem sie es beschreibt. Es gelingt ihr, eine Art Mitte in sich selbst zu finden.

Das Porträt dieser Frau, die versucht gegen die Leere und Be-ziehungslosigkeit in ihrem Leben zu kämpfen, ist beeindruckend. Der Roman entläßt den Leser amüsiert und sehr, sehr nachdenklich.

UNHEILIGE LIEBE. Von Joyce Carol Oates. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1984. 364 Seiten, geb., öS 296.40.

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