(Deutsche Oper Berlin: „Aus • Deutschland“ von Mauricio Kagel; Uraufführung) Heines Grenadier legt sich mit Waffen in den Sarg, um nach verlorenem Krieg den Kaiser zu schützen, wenn er übers Grab hinwegreitet - und aus dem Sarg springt der Schwarze König, singt Blues. Auch Goethe, in der von Tischbein gemalten Pose das Lied Gretchens am Spinnrad intonierend, verwandelt sich in einen Blues- Sänger.
Die „schwarz-weißen und weißschwarzen Übergänge“, Hinweise auf die Sklaverei in Amerika zur Zeit der europäischen Romantik, sind eines der Mittel, die Mauricio Kagel anwendet, lyrisch-emphatischem Liederwesen auf den dunklen Grund zu gehen. Der künstlerische Ansatz ist so einfach wie das Ergebnis komplex: Kagel nimmt die Liedertexte „Aus Deutschland“, d. h. vertont in der deutschen Romantik, wörtlich - und kommt mit Heine zu dem Schluß: „Vergiftet sind meine Lieder“.
Heinrich Heine ist die Partitur dieser „Lieder-Oper“ gewidmet. Der andere Bezugspunkt, nicht im musikalischen Sinne, ist Schubert; Zitate aus der „Winterreise“ geben den Rahmen, „Schubertiaden“ (die Kagel mit Schönbergs „Verein für musikalische Privataufführungen“ vergleicht) durchziehen das Werk.
Musikalisch hat Kagel kaum Besseres geschrieben: Tonalität ohne Grundton-Bezogenheit, kreisende Repetitionen, gebrochene Chromatik - all ’das ist auf dem Hintergrund einer vermeintlichen „Klavier-Hauptprobe“, klangfarblich angereichert, mit unglaublicher Raffinesse eingesetzt.
Die Uraufführung, von Kagel inszeniert unter der musikalischen Leitung von Michael Gielen, gab dem scheidenden Intendanten Siegfried Palm Glück auf en Weg.