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Vom Goldrausch bedroht

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Die Yanomami, ein nach uralten Bräuchen lebendes Indianervolk in Venezuela und Brasilien (das Stammesgebiet liegt am oberen Orinoco), verstehen die Weißen nicht, die ihnen Kultur bringen wollen: Beim Schneuzen mit den Fingern ist es für sie selbstverständlich, den Schleim aus der Nase auf den Boden zu schleudern; die Weißen jedoch - sagen die Yanomami - sind Schweindl, sie „sammeln" den Rotz in Tüchern.

Die sogenannte Moral der Weißen, wie sie dem Indianervolk von katholischen und evangelischen Missionaren vermittelt wird, ist den Yanomami nicht sympathisch: Plötzlich sollten die Männer keine zwei Frauen mehr haben dürfen, keine Rauschgifte mehr inhalieren, keinen Tabak kauen, die Toten nicht mehr verbrennen und deren Asche nicht mehr essen dürfen. Es sind oft Yanomami-Frauen selbst, die ihre Männer um eine zweite Frau, eine Freundin, bitten, damit sie nicht so allein sind.

Als tapfere Krieger - die Burschen nennen sich „waitheri" -sind sie der Ansicht, daß Jesus sich verteidigen und nicht so leicht hätte töten lassen sollen, und fragen, ob er denn keine Familie gehabt habe, die ihm hätte helfen können. Familie und Mut sind zwei der wichtigsten Lebensbegriffe für Yanomami.

Die Mädchen der Yanomami wollen wie überall auf der Welt schön sein. Die Mütter sorgen frühzeitig dafür, indem sie schon den Fünfjährigen mit Dornen Löcher in die Mundwinkel bohren, um darin später Schönheitsstäbchen anbringen zu können.

Die Yanomami sind heute von Goldgräbern bedroht. Tausende sind widerrechtlich in ihr Stammesgebiet eingedrungen. Krankheit, Gewalt und Tod sind die Folgen, auch wenn christliche Missionare heute für die Rechte der Indianer kämpfen. Unersättlicher Hunger nach Reichtum, der Menschenleben nicht schätzt, drängt ein altes Volk -500 Jahre nach der sogenannten Entdeckung Amerikas - an den Abgrund. 500Jahre Eroberungsund Ausbeutungsgeschichte sind nach wie vor lebendig.

Wer mehr über die Yanomami wissen will, sollte das Buch von Schwester Maria Wachtier, einer Burgenländerin, „Die Cao-ba-Bäume sind gewachsen", lesen, die seit mehr als 25 Jahren mit den Yanomami lebt.

DIE CAOBA-BÄUME SIND GEWACHSEN. 25 Jahre Missionsarbeit bei den Yanomami in Venezuela. Von Sr. Maria Wachtier (mit Vorworten von Bischof Stefan Läszlö und Prof. Irenaus Eibl-Eibesfeldt), erschienen im Eigenverlag von Pfarrer Hans Wachtier, Gattendorf 1990,127 Seiten.

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