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Wenn die Fee Befana kommt

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Auch Italiens Kinder kennen natürlich das Bambino Gesti. Aber die Bescherung findet südlich der Alpen erst zu Dreikönig statt. Und da steht dann die Fee Befana im Mittelpunkt, nicht so lieblich wie das Christkind, aber doch vorwiegend freundlich, eine Dame mit schwarzem Gesicht und ein wenig Nikolo und Krampus in einem: Durch den Kamin kommt sie in die Schlafzimmer und steckt Geschenke in die Strümpfe der braven Kinder, in die Strümpfe der Schlimmen aber Kohlen. „Dolce carbone“, schwarzgefärbten Zucker, versteht sich. Ein Rest von verharmloster Dämonie — wie in so vielen alten Bräuchen. Schließlich soll Befana die Tochter Herodes des Großen gewesen sein und die Heiligen Drei Könige vorbeiziehen gesehen haben. Für die Römer ist Befana ein riesiges Volksfest, ein Superchristkindlmarkt, das Ganze spielt sich vorwiegend am Fuß der Spanischen Treppe ab, die um diese Zeit von den Touristen vorübergehend aufgegeben ist. Einmal im Jahr sind die Römer (so ziemlich) unter sich.

Elemente verschiedenster Herkunft geben sich da ein Stelldichein. Sizilien steuert seine „Puppi“ bei, die längst von der Souvenirindustrie vereinnahmten Marionettenfiguren der klassischen Ritter, die so konstruiert sind, daß sie das Schwert überraschend realistisch führen — in Aktion sieht man sie praktisch nur noch im winzigen Marionettentheater von Acireale nördlich von Catania. Aus der Campagna wiederum kommen die Hirten, um vor der traditionellen Befana-Krippe ihre Weihnachtslieder zu spielen. Noch sind in allen Kirchen Roms die Krippen zu sehen, und Roms Krippen sind zweifellos die schönsten in der Welt. Da werden Jahr für Jahr oft mehrere Meter lange Landschaftspanoramen aufgebaut oder phantasievolle, auch baugeschichtlich interessante, Architekturkulissen. Die Figuren sind oft beweglich, in manchen Fällen von voller Lebensgröße. Auf dem Befana-Markt aber krachen Böller, dröhnen Lautsprecher, und auch das Wetter spielt meistens mit: Vor der Villa Borghese blühen goldschimmernd die Mimosen, und die dünne Eisschicht auf dem Wasser des Bernini- Brunnens, die sich allnächtlich um diese Zeit bildet, pflegt sich alltäglich im Lauf des Vormittags wieder aufzulösen. — Oben, von links nach rechts: Hirten aus der Campagna spielen Weihnachtslieder, die Fee nimmt Briefe entgegen, an den Kirchentüren lädt das Schild „Pre sepio“ zum Besuch der Krippe ein: Römische Nachweihnacht. Rechts: Hochaltar von Santa Andrea della Valle, völlig zu einer riesigen Krippe umgebaut. Unten, von links nach rechts: Am Fuß der Spanischen Treppe eine Krippe zwischen Luftballons und Ritterfiguren

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