Innere Zusammenhänge zwischen den beiden von der Wiener Kammeroper in einen Abend vergesellschafteten Einakter lassen sich eigentlich schwer finden, nicht einmal die Antinomie von schlauem Weibchen und dümmlichem Mann trifft auf beide zu, denn Offenbachs Paare („Ein Ehemann vor der Tür“ nach „Un Mari ä la Porte“, 1859) heben sich in ihrer herzlichen Naivität deutlich von der scharf pointierten Charakterstudie von Georg Philipp Tele-manns „Pimpinone“ aus dem Jahr 1725 ab. So sind einander vor allem ausklagendes Barock und zweites Kaiserreich in den Werken zweier berühmter „Vielschreiber“ gegenübergestellt: Telemann wurde bis heute keiner Gesamtwürdigung unterzogen; seine 40 Bühnenwerke machen nur einen (kleinen) Teil seines Schaffens aus, in dem der „Pimpinone“ allerdings seit je eine bevorzugte Stellung einnahm, und was dem Norddeutschen musikalisch zur Charakterisierung seiner Titelfigur einfällt, ist auch wirklich originell. Der Franzose wiederum hat allein im Entstehungsjahr unseres Operettchens noch zwei bekanntere Bühnenwerke geschaffen, und sein von ihm selbst angelegtes Verzeichnis führt insgesamt die Zahl von 102 an... Trotzdem darf man auch von ihm allerhand erwarten; der „Ehemann“ bietet besten Offenbach: spritzig, humorvoll, rhythmisch interessant und melodiös. Der große Offenbach-Liebhaber Karl Kraus schrieb einmal: „Alles, was der neuen Groteskoper einfällt, kommt von ihm.“ — Man glaubt es gerne.
Die Premiere der neuen Produktion am Fleischmarkt war ausgezeichnet. E. L. Koller hatte es als Regisseur bei Telemann schwerer
als Martha Lantieri bei Offenbach, aus demselben Grund Bühnenbildnerin Waltraud Huber-Grüner besser als ihre Kollegin Denise Lister, Lucia Listopad hatte sich hübsche Kostüme einfallen lassen, Hans Gabor leitete das diesmal sehr gut vorbereitete Orchester, und die Damen und Herren Rachum, Schärf, Hammerschmidt, Swepston, Groh und (Gale) Oliver verdienen ein ehrliches Pauschallob.
