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Wie werden die österreichischen Kernkraftwerke entsorgt?

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Die Lagerung der radioaktiven Rückstände ist in der Öffentlichkeit zum Kernpunkt in der Diskussion über die Kernenergie geworden: Es geht vor allem um den hochaktiven Atommüll. Er umfaßt zwar nur ein Prozent des Abfallvolumens, enthält aber immerhin 99 Prozent der Radioaktivität der gesamten Abfälle.Die Radioaktivität des Atommülls bleibt trotz des fortwährenden Zerfalls über Zehntausende von Jahren erhalten. Es handelt sich aber nur um geringe Mengen: Der gesamte jährlich anfallende, hochaktive Abfall aus fünf schwedischen Kernkraftwerken beispielsweise würde nur zehn Kubikmeter Raum füllen.

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Die Lagerung der radioaktiven Rückstände ist in der Öffentlichkeit zum Kernpunkt in der Diskussion über die Kernenergie geworden: Es geht vor allem um den hochaktiven Atommüll. Er umfaßt zwar nur ein Prozent des Abfallvolumens, enthält aber immerhin 99 Prozent der Radioaktivität der gesamten Abfälle.Die Radioaktivität des Atommülls bleibt trotz des fortwährenden Zerfalls über Zehntausende von Jahren erhalten. Es handelt sich aber nur um geringe Mengen: Der gesamte jährlich anfallende, hochaktive Abfall aus fünf schwedischen Kernkraftwerken beispielsweise würde nur zehn Kubikmeter Raum füllen.

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Für das im Stadium der Fertigstellung befindliche Kernkraftwerk Tullnerfeld wird das Müllproblem erst im Jahre 1990 akut: Es handelt sich jährlich um eine Menge von zwei Kubikmetern. Beim geplanten Kernkraftwerk Stein bei St. Valentin werden frühestens ab 1993 die Abfallfragen aktuell und man wird es mit etwa vier 'Kubikmeter jährlich zu tun haben. Bei einem dritten Kernkraftwerk fallen jährlich ebenfalls nur vier Kubikmeter hochaktiver Müll an; er ist frühestens ab 1998 zu lagern.

Primär aber geht es um die Entsorgung des Kernkraftwerkes Tullnerfeld, das im Jahre 1978 seinen Betrieb aufnehmen soll. Vom Arbeitskreis ^.Kernbrennstoff und radioaktiver Abfall“ der österreichischen Elektrizitätswirtschaft sind nun mehrere Projekte ausgearbeitet worden, die sich nicht nur mit dem Kernkraftwerk Tullnerfeld befassen, sondern zwei weitere Kernkraftwerke in ihre Uber-legungen miteinbeziehen.

Aufgebrauchte Brennelemente werden nach drei- bis vierjährigem Einsatz im Kraftwerksreaktor im Brennelemente-Lagerbecken aufbewahrt. Diese Art der Lagerung wird seit mehr als 20 Jahren in aller Welt praktiziert. Hochaktiver Müll fällt erst bei der Wiederaufbereitung der verbrauchten Brennelemente an. Eine Wiederaufbereitungsanlage ist aber nur bei einer Kapazität von 30 bis 50 Kernkraftwerken wirtschaftlich; da in Österreich mittelfristig nur drei Kernkraftwerke geplant sind, wird keine Wiederaufbereitungsanlage ge-- baut.

Sollten sich Engpässe bei der Wiederaufbereitung der Brennelemente ergeben, wird sichergestellt, daß die aufgebrauchten Brennelemente im Kernkraftwerk Tullnerfeld bis zur Mitte der achtziger Jahre gelagert werden können. Darüber hinaus wird vorsorglich ein externes Brennelemente-Lagerbecken baureif projektiert, das sämtliche im Zeitraum von 20 Jahren anfallende Brennelemente aufzunehmen vermag. Uber den Standort dieses externen Brennelemente-Lagerbeckens wird noch zu entscheiden sein. Diese Variante ist deshalb ausgearbeitet worden, weil die Planer auch den ungünstigsten Fall einkalkulierten, daß die Brennelemente nicht aufgearbeitet werden können.

Auch für die Dauerlagerung werden Alternativen angeboten. Weltweit wird die geologische Dauerlagerung -tief in Salzstöcken oder in anderen günstigen Gesteinsformationen, wie beispielsweise Granit - als das sicherste Konzept angesehen. Voruntersuchungen zeigen, daß es in Österreich dafür geeignete geologische Formationen gibt. Vordringliche Aufgabe ist die Projektierung eines solchen Lagers. Um gegen alle Eventualitäten gewappnet zu sein, werden für eine Ubergangsphase vorsorglich auch oberirdische Lagerstatten baureif projektiert, die bei Bedarf unverzüglich errichtet werden können.

Es sind folgende Varianten ausgearbeitet worden: Es wird angenommen, daß die Wiederaufbereitung der verbrauchten Brennelemente aus österreichischen Kernkraftwerken möglich ist. Sollten die Brennelemente des Kernkraftwerkes Tullnerfeld vor Mitte der achtziger Jahre aufgearbeitet werden, braucht man kein externes Brennelemente-Lagerbecken zu bauen. Für das geologische Endlager, das den Müll von drei Kernkraftwerken aufnehmen kann, wären Gesamtinvestitionen in der Höhe von etwa zwei Milliarden Schilling erforderlich. Der jährliche Betriebsaufwand für Kom-paktierung und Lagerung wird mit rund 60 Millionen Schilling beziffert.

Sollten aber die Brennelemente des Kernkraftwerkes Tullnerfeld vor Mitte der achtziger Jahre nicht vom Ausland zur Wiederaufbereitung angenommen werden, wird ein externes Brehnelemente-Lagerbecken erforderlich. Die Gesamtinvestitionen für ein externes Brennelemente-Lagerbecken und für das geologische Endlager bewegen sich dann in der Größenordnung von drei Milliarden Schilling. Der jährliche Betriebsaufwand für Kompaktierung und Lagerung wird mit 100 Millionen Schilling berechnet.

Auch für den ungünstigsten Fall, daß eine Wiederaufbereitung nicht möglich ist, gibt es eine Lösung: Für das Kernkraftwerk Tullnerfeld wird ein externes Brennelemente-Lagerbecken für die Dauerlagerung (Aufnahmekapazität 20 Jahre Kraftwerksbetrieb) gebaut. Ein geologisches Endlager wird demnach nur für schwach-und mittelaktive Abfälle ausgelegt sein. Für die Entsorgung des Kernkraftwerkes Tullnerfeld wären Gesamtinvestitionen von etwa 2,2 Milliarden Schilling erforderlich. Der jährliche Betriebsaufwand für die erforderlichen Kompaktierungseinrich-tungen und Lagerstätten wird mit etwa 100 Millionen Schilling beziffert. Der Bau weiterer Kernkraftwerke wird in diesem unwahrscheinlichen, aber dennoch einzukalkulierenden Fall neuerlich geprüft werden müssen.

Alle diese Projekte sind auf Preisbasis 1976 errechnet worden. Dies würde sich auf die Stromerzeugungskosten folgendermaßen auswirken:

• Bei Wiederaufbereitung der Brennelemente im Ausland vor Mitte der achtziger Jahre eine Mehrbelastung durch das geologische Endlager für drei Kernkraftwerke um 1,2 Groschen pro Kilowattstunde.

• Bei Bau eines externen Brennelemente-Lagerbeckens des Kernkraftwerkes Tullnerfeld und eines Endlagers für drei Kernkraftwerke eine Mehrbelastung um 2,2 Groschen pro Küowattstunde.

• Sollte die Wiederaufbereitung der Brennelemente im Ausland nicht möglich sein, wird für das Kernkraftwerk Tullnerfeld ein externes Brennelemente-Lagerbecken als Dauerlager gebaut; für die schwach- und mittelaktiven Abfälle wird ein geologisches Endlager errichtet. Auf die Gesamter-zeugungskosten des Kernkraftwrrkes Tullnerfeld bezogen, würde sich demnach eine Strompreismehrbelastung, von 5,9 Groschen pro Kilowattstunde ergeben.

Die Ausarbeitung der Projekte erfolgt entsprechend den behördlichen Auflagen für das Kernkraftwerk Tullnerfeld. Die Kosten für die Entsorgung ihrer Kernkraftwerke trägt die österreichische Energiewirtschaft.

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