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Wird Berlin bald eine Erzdiözese?

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Die vor kurzem in Freising tagende Deutsche Bischofskonferenz hat ihre Vorschläge für eine Neugliederung („Zirkumskrip-tion") der Bistumsgrenzen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR der Öffentlichkeit bekanntgegeben und ihr Votum zur weiteren Behandlung nach Rom geschickt.

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Die vor kurzem in Freising tagende Deutsche Bischofskonferenz hat ihre Vorschläge für eine Neugliederung („Zirkumskrip-tion") der Bistumsgrenzen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR der Öffentlichkeit bekanntgegeben und ihr Votum zur weiteren Behandlung nach Rom geschickt.

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Auf dem Gebiet der Sowjetzone beziehungsweise der ehemaligen DDR befanden sich die Diözesen Dresden-Meißen und Berlin (mußte Gebiete östlich der Oder-Neiße abgeben) sowie Teile der in den Westzonen liegenden (Erz-)Diözesen Paderborn, Fulda, Hildesheim und Würzburg. Durch politische Notwendigkeiten entstanden im Laufe der Zeit die Apostolische Administratur Görlitz (der Zipfel des Erzbistums Breslau westlich der Neiße) sowie die Bischöflichen Ämter Schwerin (Diözese Osnabrück), Magdeburg (Erzdiözese Paderborn) und Erfurt-Meiningen (Diözesen Fulda und Würzburg) als eigenständige Jurisdiktionsbezirke.

Nach der deutschen Einigung war es klar, daß diese Einteilung so nicht mehr weiter aufrecht erhalten werden konnte. Trotzdem wollte man nicht den alten Zustand wieder herstellen, sondern aufgrund langjährig gewachsener Strukturen eine Neueinteilung des Gebiets vornehmen.

Nach dem Wunsch der Bischofskonferenz wird diese folgendermaßen aussehen: Berlin wird zum Metropolitansitz erhoben und erhält als Suffraganbistümer die bisher exemte Diözese Dresden-Meißen sowie die zum Bistum erhobene Apostolische Administratur Görlitz (mit nicht einmal 50.000 Katholiken eine problematische Entscheidung). Schwerin fällt wieder zu Osnabrück. Die bischöflichen Ämter Magdeburg und Erfurt-Meiningen sollen zu Diözesen erhoben werden. Magdeburg soll Suffragan von Paderborn werden, bei Erfurt ist über die Zuordnung noch nicht entschieden. Somit übernähme Berlin die frühere Stellung Breslaus in einer Ostdeutschen Kirchenprovinz.

Mit dieser Neuregelung wird auch Konkordatsrecht berührt. Die Erhebung von Görlitz, Erfurt und Magdeburg zu Diözesen berührt das Preußenkonkordat von 1929, dessen Gültigkeit sowohl seitens les"eilige" Stuhls wie auch seitens der territorialen Nachfolger Preußens nie ernsthaft angezweifelt wurde.

Diese Bistumserhebungen sind im Prinzip Gebietsabtretungen ehemalig preußischer Diözesen, daher sind Verträge zwischen dem Heiligen Stuhl und den betroffenen Bundesländern (alle „Neuen Bundesländer" sowie Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen) notwendig, wie dies seinerzeit auch bei der Neugründung der Diözese Essen der Fall war. Erfurt berührt zusätzlich auch das Bayerische Konkordat, weil das bislang zu Würzburg gehörende Gebiet des ehemaligen Herzogtums Sachsen-Meiningen der neuen Diözese Erfurt einverleibt wird.

Innerkirchlich wichtig ist die Beibehaltung des Domkapitel Wahlrechts für Bischöfe, wie es im Preußenkonkordat festgeschrieben wurde. Da die neuen Bistümer auf dem Boden „preußischer Diözesen" und auf der Grundlage des Preußenkonkordats entstehen, ist grundsätzlich von der Weitergeltung dieser Bestimmung auszugehen, wie dies ja auch seinerzeit bei Essen der Fall war. Es sei denn, der Heilige Stuhl verlangt ausdrücklich eine Änderung dieser Bestimmung, die - so ferne der staatliche Vertragspartner zustimmt - vertraglich festgehalten werden muß. Man wird gespannt sein, ob der Heilige Stuhl in diesem Sinne aktiv werden wird.

Wie bereits erwähnt, ist die Katholikenzahl dieses Gebiets sehr gering und daher diese Neuordnung von diesem Gesichtspunkt aus problematisch. Berlin hat knapp über 400.000 Katholiken, Dresden rund 190.000, Erfurt 230.000, Magdeburg 190.000 und Görlitz gar nur 45.000. Dies sind Zahlen aus dem Jahr 1990 und gerade für das Gebiet der ehemaligen DDR nicht exakt genug. Aber man wollte hier bewußt den Weg überschaubarer, kleiner Diözesen aus pastoralen Gründen gehen, die „teurer" sind als große.

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