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Essen und ein Dach über den Kopf

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Bundeskanzler Franz Vranitzky wird - wie das bei westlichen Politikern üblich ist - den Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten Li Peng zum Anlaß nehmen, die Einhaltung der Menschenrechte einzumahnen. Und der Vertreter der chinesischen Führung wird sich - ebenfalls in bekannter Manier - jegliche Einmischung in innere Angelegeheiten verbieten. Dabei steht außer Zweifel, daß Chinas Führung die Menschenrechte brutal verletzt. Und sie weiß das auch. Aber Chinas Ministerpräsident Li Peng pflegt die Fragesteller dann so zu belehren und zu vertrösten: „Das erste Recht des Menschen ist das Recht auf Nahrung und auf ein Dach über den Kopf. Das andere kommt später." Dann verweist er auf 1,2 Milliarden Chinesen, die man jetzt ernähren könne.

Das internationale Menschenrechtssystem verlangt aber mehr: Das Recht auf politische Freiheit ist genauso ein Menschenrecht wie das Recht auf Nahrung. Es verlangt, daß beides im Auge behalten werden muß. China will aber offensichtlich weiterhin nur auf einem Bein hüpfen. Immer wieder muß daher der Finger auf diese wunde Stelle gelegt werden, selbst wenn -wie anderswo — ökonomische Interessen leider den Vorrang haben.

Einziger Trost dabei: Die Geschichte zeigt, daß sich mit zunehmendem Wohlstand die Herrschaftssysteme zivilisieren müssen, oder sie können sich nicht länger an der Macht halten.

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