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Zur Gesamtschule

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Während sich in den meisten Ländern Europas nach den utopischen Erwartungen der sechziger Jahre eine zunehmende Reformmüdigkeit im Bildungswesen breit macht, probt die österreichische Unterrichtsverwaltung ein spätes Gefecht für ein verjährtes Reformziel: die Gesamtschule. Einst als Instrument zur Beseitigung sozialer Ungleichgewichte propagiert, konnte die integrierte Gesamtschule die in sie gesetzten Erwartungen nicht annähernd erfüllen. In der Bundesrepublik Deutschland ist die Ernüchterung heute so groß, daß sogar die Fachzeitschrift „Gesamtschule“ wegen mangelnder Nachfrage ihr Erscheinen einstellen mußte.

Vor dem Hintergrund dieser internationalen Entwicklung sucht Gerhard Pongratz, Assistent am Institut für Unterrichtswissenschaft und Hochschuldidaktik der Universität Klagenfurt, in seiner Arbeit „Gesamtschule in Österreich“ pädagogische Grundfragen des Problembereiches Gesamtschule zu deuten. Dabei behandelt er naturgemäß Fragen, die in der öffentlichen Diskussion wenig Beachtung finden, wie etwa die Förderung der Begabten durch die Schule, das Ausleseproblem, das Verhältnis von Vererbung und Milieufaktoren und ihre Bedeutung für den Bildungsfortgang des einzelnen. Breiten Raum widmet der Autor der Vorschulerziehung, der, seiner Ansicht nach, auch in einem gesamtschulartigen Stufensystem eine Schlüsselfunktion zukommt. Denn nur als Stufensystem mit Vorschule, Grund-, Mittel- und Oberstufe sieht der Autor ein gesamtschulartiges Schulsystem realisierbar, dessen Aufgabe in erster Linie die Förderung der Anlagen jedes Kindes sein muß, des schwachen Schülers ebenso wie des Begabten.

Wenn der Leser an der Arbeit von Gerhard Pongratz möglicherweise eine ausführliche Analyse der österreichischen (Gesamt-)Schulversuche vermissen mag, so ist die Arbeit doch als bedeutsamer Beitrag der Pädagogik und somit der Wissenschaft zu der vorwiegend von Ideologen geführten Gesamtschuldiskussion zu werten.

GESAMTSCHULE IN ÖSTERREICH. Jenseits von Ideologie. Von Gerhard Pongratz. Klagenfurt: Heyn 1978. 187 Seiten. öS 148,-.

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