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Zurückweisung an Bayerns Grenze

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Seit Anfang Juli gilt auch in Deutschland ein neues, restriktives Asylgesetz. Nach offiziellen Angaben des bayrischen Innenministeriums wurden bis 22. Juli 4.261 Personen nach Österreich zurückgewiesen. Das österreichische Innenministerium weiß allerdings nichts von deren Verbleib.

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Seit Anfang Juli gilt auch in Deutschland ein neues, restriktives Asylgesetz. Nach offiziellen Angaben des bayrischen Innenministeriums wurden bis 22. Juli 4.261 Personen nach Österreich zurückgewiesen. Das österreichische Innenministerium weiß allerdings nichts von deren Verbleib.

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Für die Zahlen, die die bayrischen Behörden Ende Juli vorgelegt haben, hat Manfred Matzka, der für Ausländerfragen zuständige Sektionschef im Innenministerium, nur ein mildes Lächeln übrig: „Ich verstehe schon, daß die deutschen Behörden zeigen wollen, daß ihr Asylrecht greift. Aber wenn das alles Asylwerber gewesen wären, hätten wir das merken müssen. Sonst müßten die im Niemandsland verschwunden sein”.

Nach offiziellen Angaben registrierten die bayrischen Behörden innerhalb der ersten drei Wochen der neuen Asylregelung um 83 Prozent mehr Zurückweisungen an den Grenzübergängen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, der Großteil davon an der Südgrenze zu Österreich. Für den Grenzübergang Bad Reichenhall weist die Statistik etwa 1.780 Zurückweisungen aus, für Kufstein/Kiefersfelden sogar 2.481.

Matzka bezweifelt nicht die Zahlen an sich, ihre Aussagekraft hält er allerdings für beschränkt. „Die Zurückweisungszahl ist sicher richtig”, gesteht er den bayrischen Kollegen zu. Aber der größte Teil passiere im Tourismusverkehr. „Österreich hat im Jahr an die 100.000 Zurückweisungen. Davon sind aber weit über 90 Prozent im Reiseverkehr”. Das seien einfach „Leute, die versuchen mit einem Führerschein statt mit einem Paß einzureisen”.

Dieser Version aus dem österreichischen Innenministerium widerspricht man in der bayrischen Hauptstadt heftig. „Eine Zurückweisung hat mit der Qualität des Dokuments nichts zu tun”, argumentiert der Sprecher des Bayrischen Innenministeriums, Christoph Hillenbrand. „Das sind Leute, die versuchen, entweder ohne entsprechendes Visum nach Deutschland einzureisen oder als Asylwerber aus dem sicheren Drittland Österreich kommen.” Und für die heiße es dann eben an der Grenze: .Liebe Leute, ihr dürft hier nicht rein.” Daß die Zurückgewiesenen in Österreich nicht registriert werden, kann man sich in München einfach erklären. „Im Gegensatz zu einer Abschiebung kommt es hier nicht zu einer Übergabe von Behörde zu Behörde.”

Daß sich niemand bei den Behörden meldet, liegt an der sogenannten „Drittland-Regelung”, die im neuen deutschen Asylrecht ebenso verankert ist wie im österreichischen Paragraphenwerk: Ein Flüchtling, der aus einem „sicheren Dritt-Staat” einreist, hat kein Recht auf Asyl, da er bereits in einem anderen Land diesen Rechtsanspruch wahrnehmen hätte können. Deutschland wie Österreich sind -nach Behördenmeinung - ausschließlich von „sicheren Dritt-Staaten” umgeben. Die Chancen für einen aus einem Nachbarland eingereisten Flüchtling auf Asyl sind daher gleich Null - was bleibt, ist die Illegalität.

Manfred Matzka schließt hingegen aus, daß die neue, restriktivere Asylregelung in Deutschland irgendwelche wesentlichen Auswirkungen auf Österreich habe. In quantitativer Hinsicht seien kaum Veränderungen feststellbar, die Asylwerberzahlen nur unmerklich gestiegen.

Weshalb die Frage, wo denn die große Zahl potentieller Asylwerber hingekommen sei, für Matzka nur eine einfache Antwort zuläßt: „Die gibt es nicht.”

Noch eine letzte Erklärung hat Matzka für die Differenzen zu den bayrischen Stellungnahmen: „Wenn jemand nach Deutschland will und zurückgeschickt wird, was wird der tun? Die wenden sich gar nicht an unsere Behörden. Die werden es bei der nächsten Gelegenheit einfach erneut versuchen.”

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