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Aggressive Kritik

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POLITISCHES ALPHABET. Von Miroslav Krleža. Stiasny-Bücherel, Band 1011. Stiasny-Verlag, Graz und Wien. 128 Selten. S 28.—.

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POLITISCHES ALPHABET. Von Miroslav Krleža. Stiasny-Bücherel, Band 1011. Stiasny-Verlag, Graz und Wien. 128 Selten. S 28.—.

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Miroslav Krleža (Jahrgang 1893) wurde durch sein Werk (Gedichte, Erzählungen, Romane, Dramen und Essays), das heute schon über 100 Titel aufweist, zu einem der bedeutendsten südosteuropäischen Autoren. Er lebt als gefeierter Repräsentant der jugoslawischen Literatur in Zagreb. In Wien wurde ihm der Gottfried-von-Herder-Preis 1968 verliehen. Wie sehr der Kroate Krleža durch die alte Donaumonarchie, das Erlebnis des ersten Weltkrieges und alle unerfreulichen Folgen geprägt worden ist, zeigt auch sein politisches Alphabet. Krleža ist überzeugter Marxist leninistischer Prägung und Tito-Anhänger. Seine äußerst aggressive Abrechnung gilt nicht nur der Vergangenheit, der politischen Abhängigkeit, den sozialen Verhältnissen und der Rückständigkeit seiner kroatischen Heimat. Er wendet sich gegen die sogenannte gute Gesellschaft, deren Prototyp für ihn der „Homo zyiindriacus“ ver

körpert. Seine mit leidenschaftlicher Beredsamkeit vorgetragene Kritk an den Zuständen der Welt verliert sich allerdings zuweilen in maßlosen Ausfällen und artet in eine oft schwer erträgliche Polemik aus. Trotzdem ist vieles lesenswert, namentlich die Rückblenden, etwa unter dem Buchstaben D = Donaumonarchie.

Erschwert wird die Lektüre leider durch die stellenweise unmögliche Übersetzung. Da ist von einer „zerknitterten“ und dann wieder von einer „vergorilisierten“ Menschheit die Rede. Der Zustand Friedrich Adlers vor seinem Attentat auf den Grafen Stürgkh (1917) wird so geschildert: „Er war erregt und sein Zwerchfell zog sich zusammen, aber er überwältigte sein sogenanntes Hundenaturell und, erhaben über alle Leibeshindernisse dressierter Tiere, entschloß er sich zur Tat.“ Dann wundert man sich auch nicht mehr, „wenn aus Schmerbäuchen der Zungendrescher Logik des Dickdarms anstatt der Überzeugung redet“.

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