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Entartete Komponisten

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Das 1. Frauen-Kammerorchester hat eine Konzertreihe mit Werken verbotener Komponisten gestartet, Anlaß ist das Gedenken an das Kriegsende im kommenden Jahr.

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Das 1. Frauen-Kammerorchester hat eine Konzertreihe mit Werken verbotener Komponisten gestartet, Anlaß ist das Gedenken an das Kriegsende im kommenden Jahr.

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Alma Rose war eine begabte Geigerin. Aber bei den Wiener Orchestern hatte die Nichte Gustav Mahlers in den dreißiger Jahren keine Chance. Wenn nicht solistisch, mußte sie in weißem Kleid mit ihren „Walzermädeln“ auftreten.

Alma zum Gedenken, die in die Musikgeschichte als Leiterin des Mädchenorchesters in Auschwitz einging, ist die Konzertreihe des 1. Frauen-Kammerorchesters in der Saison 1995/96 den Werken der verbotenen und entarteten Komponisten gewidmet. „Die Stadt Wien feiert 50 Jahre Kriegsende mit der Zukunft, wir wollen den jungen Menschen die Schrecken der Diktatur vorführen“, sagt Brigitte Ratz, die Organisatorin. (Das zweite Konzert findet am 27. April 1995, das dritte am 9. November 1995 statt.)

Ihr Vater war der Schönberg- Freund Erwin Ratz. Frau Ratz, Feministin der ersten Stunde und erste Vorsitzende der Frauenabteilung der Gewerkschaft, arbeitete in der Arbeitsgemeinschaft Frauen und Medien und bemerkte, daß Musikerinnen nur als Lehrerinnen registriert waren. „Mit dem Frauen- Kammerorchester wollte ich vor allem Streicherinnen Gelegenheiten bieten, sodaß sie nicht gleich unterrichten müssen.“ Das Orchester läßt auch männliche Mitspieler zu, seine Dirigenten sind Männer wie Frauen: der Symphoniker Michael Dittrich, Janet Canetty-Clark und Camilla

Kolchinsky; auch Agnes Grossmann, die jetzt in Ka^^da ihre hintangehaltene Wiener Karriere nächholt.

Interessante Werke von Frauen werden gesucht, die „5 Israelischen Tänze“ der Wienerin Sylvia Sommer waren auf der England-Tournee des Orchesters im Oktober 1994 ein großer Erfolg. Mit einem Budget von knapp einer Million Schilling können die 50 Mitglieder im Durchschnittsalter von 30 Jahren für zehn Konzerte honoriert, aber nur ehrenamtlich oder zu geringen Löhnen verwaltet werden. Brigitte Ratz wünscht sich vermehrte Auftritte bei österreichischen Festspielen. Immer noch sind nur 14 Prozent österreichi scher Orchestermitglieder weiblich - im Vergleich zu 70 Prozent weiblicher Musikschüler; aber ein paar von ihnen durften das Sprungbrett des 1. Frauen-Kammerorchesters benützen. Für die ehemalige Konzertmeisterin Birgit Kolar war dies ein Sprung in diese Funktion zu den Wiener Symphonikern.

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