Peter Weibel - © Foto: APA / Georg Hochmuth

Geborgen in Bibliotheken: zum Tod von Peter Weibel

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Am 1. März ist der Medienkünstler, Theoretiker, Kurator und Museumschef Peter Weibel kurz vor seinem 79. Geburtstag in Karlsruhe gestorben.

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Am 1. März ist der Medienkünstler, Theoretiker, Kurator und Museumschef Peter Weibel kurz vor seinem 79. Geburtstag in Karlsruhe gestorben.

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In Marco Wilms’ Film „Peter Weibel. Mein Leben“ (2010) (nachzusehen in der TVthek des ORF) sieht man den Medienkünstler, Theoretiker, Kurator und Museumschef begeistert in der Nationalbibliothek in Paris stehen, in dem beeindruckenden ovalen Leseraum. „Das ist eine echte Galaxie der Buchstaben“, schwärmt Weibel, dessen Interesse von Literatur bis zu Logik und Mathematik reichte. „Ich habe immer gesagt, die Weltliteratur ist ein Navigationssystem. [...] Die Sterne sind ja helle Punkte in der dunklen Nacht, das sind gewissermaßen weiße Buchstaben auf der schwarzen Seite des Himmels. Aber umgekehrt die Bücher, das sind ja weiße Seiten, und da sind drauf schwarze Buchstaben, also die Buchstaben sind schwarze Sterne auf dem weißen Himmel der Seite. Und ich habe mich immer hier gefühlt wie ein Navigator, wie ein Kosmologe, ein Pilot, der sozusagen mithilfe der Buchstaben durch das riesige Universum nicht nur des Wissens über die Welt, sondern direkt durch die Welt navigiert.“

Geborgen und beschützt fühle er sich in Bibliotheken, erzählt Peter Weibel und gewährt Blicke in die Kindheit: Geboren am 5.März 1944, wächst er in einem Lager in Ried im Innkreis auf – und im Internat. Die Abwesenheit der Mutter ist dort der große Schmerz, gegen den er zu sich selbst spricht: Du musst dir das abgewöhnen. Du brauchst keine Liebe, du brauchst keine Mutter. Eine andere Seite des Medienkünstlers, den man sonst als Provokateur und Avantgardisten in Erinnerung hat: Legendär die Aktion „Kunst und Revolution“ an der Wiener Uni 1968, ebenso sein Gang durch die Wiener Innenstadt auf allen Vieren an der Leine von Valie Export. Er interessierte sich früh für Video- und Computerkunst und prägte die Medienkunst seiner Zeit wie kaum ein anderer. Mehrere internationale Professuren hatte er inne, seit 1999 leitete er das Karlsruher Zentrum für Kunst und Medien. Seine Haltung bezeichnete er selbst als antikünstlerisch: Nicht um ein Produkt für Galerien sei es ihm gegangen, Kunst sei für ihn ein Ausdrucksmittel, ein Mittel.

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