Kerzen - © Foto: Pixabay

Nachruf auf Nikolaus Halmer: Im weiten Horizont des Geistes

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Am 23. Juni ist Nikolaus Halmer (1958–2023) überraschend im 66. Lebensjahr verstorben. Sein letztwöchiger FURCHE-Text über Max Horkheimer erschien bereits posthum.

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Am 23. Juni ist Nikolaus Halmer (1958–2023) überraschend im 66. Lebensjahr verstorben. Sein letztwöchiger FURCHE-Text über Max Horkheimer erschien bereits posthum.

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Nikolaus Halmer war Wissenschaftsjournalist, und als solcher ein großer Reisender im weiten Terrain der europäischen Geistesgeschichte. Nach einem Germanistik- und Philosophiestudium an der Universität Wien begann er gegen Ende der 1980er Jahre für Ö1 zu arbeiten. Das „Radiokolleg“, das damals den alten „Schulfunk“ abgelöst hatte, sollte umfassende Bildung und neueste wissenschaftliche Erkenntnisse vermitteln, zu Reflexion und Denkbewegungen einladen – und dies in einer für alle Interessierten zugänglichen Sprache. Spitzenwissenschaft für alle als Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Für Nikolaus Halmer war dies ein offenes Feld für Begegnungen mit Denkern und Dichtern, wobei zeitliche Distanzen keine Rolle spielten. Hölderlin war für Halmer genauso präsent wie Blumenberg oder Horkheimer, über den sein ausführlicher Beitrag in der letzten FURCHE vom 28. Juni bereits posthum erschien. Seine Reisen zu führenden Intellektuellen unternahm Halmer aber nicht nur virtuell – für seine Radiosendungen legte er großen Wert darauf, dass die Interviews dafür vor Ort, im realen Leben stattfanden, von Angesicht zu Angesicht, denn ihm war die Begegnung, genauer die persönliche denkerische Begegnung, wichtig. Die Pandemie erschwerte diesen Aspekt seiner Arbeit, da sich virtuelle Begegnungen als Grundlage für Radiosendungen zunächst aus medizinpolitischer Notwendigkeit, in der Folge aber auch infolge von Sparpolitik einbürgerten, was ihm zutiefst gegen den Strich ging. Im Übrigen war der Sender Ö1 nur eines der Medien, in denen seine stets sehr kenntnisreichen Artikel erschienen. Neben der FURCHE schrieb er auch regelmäßig für die Wiener Zeitung, deren Ende als gedruckte Tageszeitung ihn sehr schmerzte. Zudem war Halmer ein durchaus politischer Mensch, der etwa die der Geldwirtschaft zugrundeliegenden Machtverhältnisse thematisierte.

Auch wenn die Sphären der Philosophie und weiter gefasst des Geistigen sein primärer Aufenthaltsort waren, so war er doch leiblichen Genüssen keineswegs abgeneigt. Was er allerdings überhaupt nicht ausstehen konnte, war geistige Trägheit oder – schärfer gesagt – Denkfaulheit. Davon, so meinte er gelegentlich, gebe es derzeit zu viel. Durch seine Höflichkeit und Liebenswürdigkeit wurde diese Abneigung im Umgang freilich kaum merkbar. Seine Beiträge und ihr weiter Horizont werden vielen fehlen.

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