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Überschnell und unkritisch

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Ist vielleicht dem Herausgeber nur eine spätere Übersetzung — und womöglich Überarbeitung — in die Hände gekommen? Für diesen letzteren Verdacht spricht die Nennung des Christusmantels aus dem Messeornat des Ordens vom Goldenen Vliese, den Sondheimer zusammen mit der Potence anführt, um die mit Edelsteinen geschmückten Dekorationen des Ordens vom „eigent lichen“ Ordensschatz zu unterscheiden (Seite 91). Der Messeornat des Ordens war aber zu der Zeit, da Sondheimer seine Aufzeichnungen abfaßte — und schon seit dem Jahre 1891 —, im Kunsthistorischen

Museum ausgestellt. Erst bei der Neuaufstellung der Schatzkammer im Jahre 1954 wurden die beiden Bestände vereinigt. Ist es aber einem Mann, der so oberflächliche

Kenntnisse von der Wiener Schatzkammer hat, wie Sondheimer das durch seine Beschreibungen und

Zitierungen der Bestände der Wiener Schatzkammer kundtut, zuzutrauen, die Zusammenhänge der beiden Bestände des historischen Ordens schatzes im Kunsthistorischen Museum und in der Schatzkammer tatsächlich gekannt zu haben? Es ist um so mehr anzuzweifeln, als die Heranziehung des Messeornates im Text Sondheimers überhaupt nicht als notwendig betrachtet werden kann und eigentlich für je manden spricht, der die gegenwärtige Aufstellung kennt, bei welcher der Messeornat den primären Eindruck vom Schatz des Ordens vom Goldenen Vliese bestimmt.

Es ergibt sich so der begründete Eindruck einer recht überschnellen unkritischen Herausgabe eines

Textes, der an sich hätte sorgfältig geprüft werden müssen und dann bestenfalls für einen sehr kleinen Kreis an Fachleuten interessant und

— in sehr geringem Maße — aufschlußreich wäre. Keinesfalls ist er geeignet, um so ins Gespräch gebracht zu werden, noch weniger, um in der Öffentlichkeit Besorgnis wegen der in der Schatzkammer, auf die Wien und mit ihm ganz Österreich mit Recht stolz ist, ausgestellten Insignien zu erwecken. Daß das Buch eine Fülle von Irrtümern im Detail enthält, das ist bei den schwerwiegenden grundsätzlichen Fehlem und bei der außerordentlich tendenziösen Darstellung kaum anders zu erwarten. Sie aufzuzählen, würde den Leser jedoch nur ermüden oder gar langweilen, über die Hervorhebung der grundsätzlichen Argumente aber auch keine neuen Aspekte bieten.

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