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Gerhard Bronners „orthodoxer“ Atheismus

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Beim Wort genommen“ wurde jüngst Gerhard Bronner, Altmeister des heimischen Kabaretts, in einer Fernsehsendung der noch nicht von Herrn Krenn kontrollierten Abteilung Religion. Wie er es denn mit der Religion hielte, wurde Bronner die berühmte „Gretchenfrage“ gestellt.

Bronners Antworten wiesen ihn als einen Mann aus, der fest in der religionskritischen beziehungsweise religiösen Tradition des Abendlandes steht. Er versteht sich als einen „orthodoxen Atheisten“, also als einen strenggläubigen Menschen, der sich vorgenommen hat, sich das, was er glauben möchte, auf keinen Fall ausreden zu lassen, nämlich seinen Atheismus.

Daß es Gott nicht gibt, möchte er nicht einmal sagen, aber: „Ich glaube, daß sich der Mensch Gott nach seinem Ebenbild geschaffen hat. Vielleicht ist das einer der vielen Gründe, warum er unsympathisch ist.“ Diese Erkenntnis zieht sich von der altgriechischen Aufklärung über Feuerbach bis in die Gegenwart und wurde wohl von Nestroy am fulminantesten formuliert: „Der Mensch ist das Wesen, welches sich sogar für das Ebenbild Gottes aus- gibt, worüber sich Gott jedoch nicht sehr geschmeichelt fühlen dürfte.“

Bronner hatte das Glück, ohne Religion aufzuwachsen, das heißt, ohne Aberglauben und irrationale Beeinflussungen. Wahrscheinlich ist es wirklich besser, wenn einem Kind eine infantil-häretische Kinderstube erspart geblieben ist. Ebenso gilt die Fähigkeit von Religionen, Katastrophen herbeizuführen, dazu reaktionär und fortschrittsfeindlich zu sein; natürlich hält es Bronner mit Brechts „Herrn K.“, was die Notwendigkeit von Religion betrifft. Aber als ihm als Folge seines Atheismus Zynismus unterstellt wird, „outet“ Bronner Religion: „Ich bin kein Menschenfeind, ganz im Gegenteil, ich traue dem Menschen mehr zu und daher glaube ich, daß er irgendwann, in ferneren Generationen, ohne Religion der herkömmlichen Sorte auskommen wird.“ Die selbe Hoffnung hat übrigens auch Jesus von Nazareth gehabt. Dieser Glaube befähigt einen Menschen, das gefährliche Geschäft eines Propheten oder Kabarettisten auszuüben.

In Renata Schmidtkunz hatte übrigens Gerhard Bronner eine kongeniale Gesprächspartnerin, ganz zum Unterschied von jenen drei eher hilflosen Herren, die sich in der letzten „Pressestunde“/FS 1 vergeblich bemüht haben, Bischof Krenns „Herr zu werden“.

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