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ATHI KARJALAINEN / SELBSTVERSTÄNDLICHE FREUNDSCHAFT

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Die Neutralität Finnlands und die Neutralität Österreichs gehen zwar nicht auf die gleiche völkerrechtliche Wurzel zurück; die Neutralitätspolitik der beiden Staaten weist jedoch eine Vielzahl von Parallelen auf, die den freundschaftlichen Beziehungen zwischen Finnland und Österreich eine besondere Basis geben. Der Besuch des finnischen Außenministers, Dr. Ahti Kar-j al ain e n, konnte diese Basis verbreitern helfen. Für Karja-lainen kann die Mission in Österreich nur der Besuch eines Freundes bei Freunden gewesen sein; gilt er doch als enger Vertrauter Urho Kekkonens, den man in Österreich gerne als „Figl des Nordens“ bezeichnet.

Karjalainen ist eigentlich immer ein Mann der Wirtschaft gewesen. Er wurde 1923 in Hir-vensalmi in Ostfinnland geboren, studierte Staatswissenschaften und erhielt 1946 den Titel eines Magister. Die zusätzliche Würde eines Doktors der Staatswissenschaften erwarb er sich 13 Jahre später, 1959, als er schon mitten in der „großen Politik“ stand.

In die Politik war Karjalainen 1947 „eingestiegen“: als Journalist und als Referent für Information der Agrarunion, der jetzigen Zentrumspartei. Als Urho Kekkonen seinen langen Dienstweg als Ministerpräsident begann, war Ahti Karjalainen sechs Jahre sein Sekretär. 1957 — Kekkonen war inzwischen Staatspräsident geworden — mnde Karjalainen zum 2. Finanzminister ernannt, wechselte 1958 zur Bank von Finnland über, kehrte aber schon 1959 als Handels- und Industrieminister in die Regierung zurück. Da er mit der Außenhandelspolitik beauftragt war, spielte er eine Hauptrolle in den komplizierten und langwierigen Verhandlungen zur Gründung eines gemeinsamen nordischen Marktes (1959 bis 1961) und bei Finnlands Assoziierung mit der EFTA. Als Außenminister Törngren 1961 starb, galt Karjalainen als der berufenste Nachfolger. Aber er war nur ein knappes Jahr Leiter des Außenressorts: 1962 übernahm er selbst die Bildung eines neuen Kabinetts, brachte eine Koalition aller im Reichstag vertretenen nichtsozialistischen Parteien zustande und leitete eineinhalb Jahre die finnische Regierung. Man würde die Politik dieses Kabinetts Karjalainen aber mißverstehen, würde man in dieser Rechtskoalition einen „Bürgerblock“ sehen, wie wir ihn verstehen. Kekkonens und Kar-jalainens Agrarier galten und gelten in vielen, vor allem in außenpolitischen Fragen gegenüber den Rechtssozialisten ä la Tanner als „linke Mitte“. Seit 1964 ist Karjalainen ohne Unterbrechung Außenminister, zuerst in der Regierung Virolainen, dann in der Regierung Paasio.

Die finnische Außenpolitik nach 1945, mit der die Namen Paasikivi, Kekkonen und Karjalainen verbunden sind, könnte man in aller Kürze auf folgende Formeln bringen: Neutralität als Grundlage aller außenpolitischen Aktionen, aktive Teilnahme an der internationalen Zusammenarbeit, uneingeschränkte Unterstützung aller realistischen und praktischen Bemühungen zur Erhaltung des Weltfriedens. Das sind die außenpolitischen Leitlinien, die, gegründet auf eine lange Erfahrung, die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Finnland und Österreich schon lange zur Selbstverständlichkeit gemacht haben.

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