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In einer kleinen Straße im Zentrum von Tel Aviv liegt der älteste Fotoladen der Stadt. "The Photohouse", 1940 von Rudi Weissenstein und seiner Frau Miriam gegründet, ist einer der besten Orte, um zu spüren, wie sich Israel in den 70 Jahren seit seiner Gründung verändert hat. Und wie der aktuelle Puls schlägt. Weissenstein war am 14. Mai 1948 der offizielle Fotograf der Unabhängigkeitserklärung. Anschließend Chronist des Aufbaus. Miriam hat die Fotos archiviert. Der historische Schatz von einer Million Aufnahmen ist mittlerweile in die Hände des Enkels übergegangen. Ben, 1977 geboren, ist homosexuell. Was für seine konservativen Großeltern noch schwer zu akzeptieren war, ist im weltoffenen Tel Aviv absolut kein Thema. Ben wiederum findet es problematisch, dass der Blick des geliebten Opas durchs Foto-Objektiv einseitig gewesen sei. "Opa wollte die schönen Seiten zeigen. Aber ich sehe eben auch, was er nicht gezeigt hat."

So werde das Leben der arabischen Bevölkerung auf den Fotos als rückständig und sehr romantisiert dargestellt. Natürlich ist Gaza gerade das Thema bei seinen Kunden. Eine junge Israelin fragt: "Sind wir nicht ein verrücktes Land? An unserer Grenze zu Gaza herrscht quasi Kriegszustand mit 60 Toten an einem Tag, in Jerusalem feiern wir die Eröffnung der US-Botschaft und in Tel Aviv die ESC-Gewinnerin Netta - alles zur gleichen Zeit. Wer soll das noch verstehen?" Der ältere Herr neben ihr meint, gerade inmitten der historischen Bilder müsse er doch wohl nicht daran erinnern, wie sehr die Gründerväter nach dem Holocaust für den jüdischen Staat kämpfen mussten. Wie wichtig deshalb für Israel das Selbstverteidigungsrecht sei. Schließlich bringt es Ben auf die Formel: Weder die Geschichte noch die Gegenwart kann man nur schwarz-weiß betrachten. Es sind die Grautöne, die das Bild ausmachen.

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