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Franziskus, Bischof von Rom, ist immer für Überraschungen gut. Auch für weniger erfreuliche: Wie der Papst mit den Missbrauchsproblemen der chilenischen Kirche umging, war schon befremdlich und ließ Zweifel aufkommen, ob die von ihm im Mund geführte Null-Toleranz-Politik gegenüber geistlichen Missbrauchstätern tatsächlich die Richtschnur des päpstlichen Handelns darstellt.

Trotz vieler Proteste ernannte er den in die chilenischen Missbrauchsaffären involvierten Juan Barros zum Bischof einer Diözese. Und als er bei seiner Lateinamerikareise im Jänner darauf angesprochen wurde, reagierte Franziskus ausgesprochen unwirsch und verteidigte Barros unter anderem mit dem Argument, es lägen gegen den Bischof keine Beweise vor.

Offenbar gab es derartige schon in dem Dossier, das über Barros vor dessen Ernennung vorlag. Weil Vorwürfe wie Proteste zunahmen, setzte Franziskus in der Folge einen bischöflichen Sonderermittler ein. Dieser, Erzbischof Charles Scicluna von Malta, legte einen 2300-seitigen Bericht vor, der offenbar an Klarheit nichts vermissen lässt.

Der Papst gab nun bekannt, er werden Ende April chilenische Missbrauchsopfer in Rom treffen und ihnen zuhören, die chilenischen Bischöfe zitierte er für Mitte Mai nach Rom. Das Bemerkenswerteste am diesbezüglichen Brief an Chiles Episkopat sind aber die Töne, die Franziskus dort anschlägt -auch und gerade in Bezug auf sich selber: Der Bericht von Erzbischof Scicluna habe ihn mit "Schmerz und Scham" erfüllt, steht da ebenso wie: "Ich räume ein, dass ich bei der Bewertung und Wahrnehmung der Situation schwere Irrtümer begangen habe, vor allem aus Mangel an wahren und ausgewogenen Informationen" und: "Jene, die ich verletzt habe, bitte ich um Verzeihung."

Bislang waren derartige Sätze eines Papstes undenkbar. Mag Franziskus' Agieren in der beschriebenen Causa -auch an dessen eigenen Ansprüchen gemessen -verstörend sein: An seiner Reaktion und seinem Eingeständnis gibt es nichts zu deuteln. Führungsqualität zeigt sich gerade im Umgang mit -eigenen -Fehlern.

Einmal mehr setzt hier Franziskus neue und zukunftsweisende Maßstäbe.

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