Heutige Islam-Verteidiger rühmen gern das Klima der Toleranz, das in den von Muslimen ("Mauren") im 8. Jahrhundert eroberten Gebieten Westeuropas geherrscht habe. Und wahr ist: In Córdoba studierten und diskutierten Ibn Rushd (Averroes) und der große jüdische Religionsphilosoph Maimónides auf Arabisch friedlich über Aristoteles, und der christliche König Alfons der Weise ließ sich von arabischen und jüdischen Gelehrten das Neueste aus Medizin, Mathematik und Astrologie erklären. Handel und Liebe verbanden viele und vieles.
Aber wahr ist auch: Die Muslime hatten schon den ersten Feldzug gegen Europa in Auslegung des Dschihad als Heiligen Krieg verstanden. Juden, Maimónides eingeschlossen, verließen Andalusien wegen religiöser Verfolgung schon in der Mauren-, nicht erst in der Christenzeit. Freilich uferte der Gesinnungsterror der Inquisition nach der "Rückeroberung" beispiellos aus. Der Heilige Krieg der Christenheit deformierte Seelen und tötete Leiber ohne Gnade. Dass er dafür die einzigartigen Kunstwerke bestehen ließ, indem er Moscheen mit Kathedralprunk überzog und Minarette in Glockentürmen versteckte, hat dem jetzigen Spanien Tourismus-Milliarden gerettet.
Aber wer heute nicht kapiert, dass jeder religiöse Imperialismus eine Todsünde ist und Zukunft nur auf richtig verstandener, ehrfürchtiger Toleranz aufbauen kann, ist ein zivilisatorischer Selbstmordattentäter.
Nr. 22/31. Mai 2007