"Für mich schaut das aus wie bestechung!"

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Die Furche erreichte Jan Tamás, den Sprecher der tschechischen No to the Bases!-Protestbewegung, telefonisch im Parlament in Prag. Tamáš kam gerade von einem Treffen mit dem Vizepräsidenten des Unterhauses, wo beide die Details für eine demnächst stattfindende große Konferenz zu den US-Radaranlagen diskutierten. Nach kurzem Gespräch mit Tamáš war klar, dass er längere Zeit in den Staaten verbracht haben muss, denn sein Englisch ist ein Amerikanisch. Und tatsächlich: Tamáš hat drei Jahre in den USA studiert; er liebt das Land und die Leute, sagt er, und seine Ablehnung gegen das US-Radar in Tschechien - "in der mich viele meiner Freunde in den Staaten unterstützen" - ist weder anti-amerikanisch, noch pro-russisch motiviert, sondern?

Jan Tamás: Dieses Projekt ist gefährlich, weil es zu einem neuen Rüstungswettlauf beiträgt. Und der US-Radar und die Diskussion darüber spaltet Europa …

Die Furche: … und Tschechien?

Tamás: Sicher, auch unser Land ist in dieser Frage gespalten, doch Pro- und Contra-Lager sind bei weitem nicht gleich stark, sondern die überwiegende Mehrheit von 65 Prozent der Bevölkerung ist gegen diese Anlagen.

Die Furche: Doch die Zahl der Gegner geht zurück.

Tamás: Stimmt, vor gut einem Jahr lag die Ablehnung noch bei über 70 Prozent. Doch die Gegner des Projekts stellen immer noch die große Mehrheit. Trotzdem verhandelt unsere Regierung weiter mit den Vereinigten Staaten, als wäre nichts gewesen.

Die Furche: Eigentlich ist ja auch nichts gewesen, denn die Zahlen, mit denen Sie die Ablehnung belegen, stammen aus Meinungsumfragen und nicht aus einem Referendum …

Tamás: … weil die Regierung das von uns geforderte Referendum verweigert. Da geht es um demokratische Grundrechte, denn in einer demokratischen Gesellschaft gehört über Fragen solcher Tragweite das Volk befragt. In Tschechien passiert das Gegenteil, da wird hinter verschlossenen Türen verhandelt.

Die Furche: Und die Regierung startet eine Informations-Kampagne, um Missverständnisse auszuräumen.

Tamás: Für uns schaut das weniger nach Information als mehr nach Propaganda aus, die von einer PR-Agentur unters Volk gebracht wird. Ihre Strategie läuft darauf hinaus, so zu tun, als sei die Sache schon entschieden und jeder Widerstand zwecklos.

Die Furche: Und die Gemeinden in der Nähe der Radarstellungen dürfen mit einem Geldregen rechnen.

Tamás: Warum bekommen gerade jetzt, gerade diese Gemeinden massive Unterstützung für ihre Infrastruktur angeboten? Korrigieren Sie mich, aber für mich schaut das aus wie Bestechung.

Mit Jan Tamás telefonierte Wolfgang Machreich.

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