"Gewalt geht nach hinten los"

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Mit Gerd Leipold, Geschäftsführer von Greenpeace International, hat die Furche am Rande des Forums Alpbach über die Vermeidung von Gewalt bei politischen Großveranstaltungen, die Zusammenarbeit von Politik und NGOs und die Erfolge der Globalisierungsgegner gesprochen.

Die Furche: Wie können NGOs daran mitwirken, dass es bei Demonstrationen nicht zu Gewalt kommt, die berechtigte Anliegen diskreditiert?

Gerd Leipold: Prinzipiell kann sich nur immer jeder Einzelne gewaltfrei verhalten. Gewaltfreie NGOs haben keine Verantwortung dafür, wenn es bei Veranstaltungen zu Krawallen kommt. Sie sind keine Polizei und sollten keine Schein-Polizeiaufgaben wahrnehmen. Die große Mehrheit hat überhaupt kein Interesse an Gewalt. Die will diskutieren, etwas erreichen, etwas verändern. Und da geht Gewalt nach hinten los.

Die Furche: Politiker fühlen sich missverstanden, wenn sie Konferenzen einberufen und Probleme lösen wollen, und draußen fliegen die Pflastersteine.

Leipold: Das eigentliche Dilemma ist ja, dass viele oft gar nicht wissen bzw. glauben, dass die Politik hinter den Absperrungen ihreProbleme bespricht. Ich will der Politik nicht den guten Willen absprechen. Nur, viele junge Leute haben nicht das Gefühl, der Politik gehe es noch um ihre Zukunft.

Die Furche: Demonstrierende NGOs da, Politiker dort - stimmt dieser Eindruck, den man von politischen Großveranstaltungen mitnimmt?

Leipold: Keineswegs, viele Regierungen arbeiten partnerschaftlich mit NGOs zusammen und sind froh, dass es ein Gegengewicht zu den Konzernen gibt, die nach wie vor mit sehr viel größeren Mitteln den Gang der Politik beeinflussen können.

Die Furche: Die Erfolge von NGOs im Umweltschutzbereich sind unumstritten - wo sehen Sie Erfolge an der Anti-Globalisierungsfront?

Leipold: Greenpeace war Wegbereiter für zahlreiche NGOs, da wir mit gewaltfreier, strategischer Politik schöne Erfolge und großen Nutzen für die Bevölkerung geschafft haben. Ich fand es aber schon sehr interessant, dass die österreichische Außenministerin Ferrero-Waldner hier in Alpbach gesagt hat, über so was wie die Tobin-Tax, also die Besteuerung von Devisentransaktionen, muss man schon reden. Vor fünf Jahren hätte das kein Minister, in welcher europäischen Regierung auch immer, gesagt. Da hätten alle gelacht. Diese Forderung kam buchstäblich von der Anti-Globalisierungsbewegung. Das, wofür ATTAC steht, hat sich somit in atemberaubender Zeit einen Raum in der Mainstream-Politik geschaffen. Ein Erfolg, der Mut machen sollte.

Die Furche: NGOs wird immer wieder ihre demokratische Legitimität abgesprochen. Wie rechtfertigen Sie sich?

Leipold: Wir sind demokratisch legitimiert: Es gibt Meinungs- und Versammlungsfreiheit und es gibt Koalitionsfreiheit - das erlaubt einem zu demonstrieren, zu sagen, was man will und dafür einzutreten, wofür man steht. Zu sagen, in der Demokratie sind nur die gewählten Abgeordneten legitim, ist ein völliger Unsinn. Dann wären auch die Medien, die akademische Welt und vieles mehr kein Teil der Demokratie.

Das Gespräch führte Wolfgang Machreich.

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