Josef Broukal auf japanisch

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Den Trend zum Quereinsteiger gibt es weltweit. Ansonsten kann aber von einer Standardisierung, geschweige denn von einer Amerikanisierung der Wahlkampftechniken keine Rede sein.

Was hat Josef Brou- kal mit dem japanischen Sumo-Ringer Satoru Sayama gemeinsam? Was verbindet Ingrid Wendl, Gertraud Knoll und eine ehemalige Schönheitskönigin in Venezuela? Sie alle sind bekannte Persönlichkeiten und damit zum politischen Quereinsteiger prädestiniert.

Weltweit steigen sie in die Wahlarena: Schauspieler, Sportler, Unterhaltungsstars - Börsenmogule und Medientycoons nicht zu vergessen. "Ein personalisiertes Politikverständnis und die Fokussierung öffentlicher Aufmerksamkeit auf Image und kameragerechte Selbstdarstellung" sind die Hintergründe für diesen internationalen Trend, analysierte Fritz Plasser bei der letztwöchigen Präsentation seines rechtzeitig zum Wahlkampffinale erschienenen Buchs "Globalisierung der Wahlkämpfe".

Fünf Jahre lang haben Fritz und Gunda Plasser die Wahlkämpfe von Südafrika bis Russland, von Lateinamerika bis Indien untersucht. Fazit des Projekts: Es gibt zwar eine Globalisierung der Wahlkämpfe, von einer Standardisierung, geschweige denn von einer Amerikanisierung der Wahlkampfpraktiken kann aber keine Rede sein.

Doch zurück zu den Quereinsteigern: Für Andreas Rudas, den umstrittenen SPÖ-Wahlkampfleiter von 1999, sind "Blutauffrischungen à la Broukal" eine positive Entwicklung. Rudas, einer der ersten Spin-Doktoren des Landes, sieht im Quereinsteigertum einen wichtigen Beitrag zur Aufweichung von starren Parteistrukturen. Diese Ansicht, vorgetragen Mitte letzter Woche bei einer Diskussionsveranstaltung des Innsbrucker Instituts für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung, bleibt nicht unwidersprochen. Genauso wenig wie Rudas' Meinung, dass das Fernsehen keineswegs die Politik kaputt mache. Denn, so der Ex-Politiker, "in einer ge-spin-doktorten Welt, in der jeder Politiker medientrainiert ist, kommt es auf die Inhalte an und es gewinnt der, der das größte politische Anliegen hat".

Auch für Fritz Plasser wird die Politik nicht durch das Fernsehen ruiniert, stark verändert wird sie dadurch aber sehr wohl. Insofern war es ein "zukunftsweisender Schritt", dass letztes Jahr den politischen Parteien in Österreich - im Gegensatz zu mindestens 60 anderen Ländern - der Kauf von politischen Werbezeiten bei hiesigen Fernsehanstalten untersagt wurde. Damit hat man, so Plasser, den wichtigsten Faktor für eine Amerikanisierung hiesiger Wahlkämpfe ausgeschaltet. Doch auch sonst zeigen sich österreichische Politikberater gegenüber Einflüssen aus den USA resistent. Obwohl bereits jeder zweite hiesige Spin-Doktor mit amerikanischen Kollegen zusammen gearbeitet hat und sich im "politischen Supermarkt USA" bedient - die Wahlkampftaktiken hier sind gänzlich verschieden zum Vorgehen dort.

In Österreich werden vor allem Image und Persönlichkeit der Kandidaten als relevante Faktoren angesehen, während amerikanische Politikberater der zentralen Wahlkampfbotschaft und der massenmedialen Kommunikationsfähigkeit ihres Kandidaten den Vorzug geben. Daher kann in Österreich eher von einer "Lateinamerikanisierung" gesprochen werden, da hier wie dort der Personalisierung vor den Inhalten der Vorzug gegeben wird. Bleibt ein kleiner, aber für Politikberater feiner Unterschied: Der Spin-Doktor des Wahlverlierers in Lateinamerika muss um Honorar und Ehre fürchten. In Österreich kann er hingegen - siehe Andreas Rudas - immer noch bei Frank Stronach einsteigen.

Buchtipp:

Globalisierung der Wahlkämpfe

Praktiken der Campaign Professionals im weltweiten Vergleich. Von Fritz und Gunda Plasser, WUV / Universitätsverlag, Wien 2003, 489 Seiten, geb., e 38,-

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