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Österreich schickt Soldaten in UN-Missionen – für zivile Friedensdiener fehlt Wille, Geld … von Wolfgang Machreich

Der Zivile Friedensdienst hat nichts mit Zivildienern zu tun. Der Zivile Friedensdienst (ZFD) ist auch kein Ersatzdienst für jene, die keinen Dienst mit der Waffe leisten, sondern basiert auf der Einsicht, dass man Konflikte nicht allein mit Waffengewalt verhindern, gewinnen oder befrieden kann.

„Friede muss von innen, von unten aus der Bevölkerung kommen“, sagt Katrin Kohlbecher, die von 2005 bis heuer in Norduganda als Zivile Friedensdienerin gearbeitet und alle Phasen des dortigen Konflikts von akuter Gewalt mit Ausgangssperren bis hin zu den Friedensgesprächen zwischen Rebellen und Regierung miterlebt und mitgestaltet hat.

„Barfußanwälte“ ausbilden

Mit der Ausbildung von Sozialarbeitern, Gemeindehelfern und „Barfußanwälten“ als Multiplikatoren auf Dorfebene hat sie ihren Teil zur Stärkung von sozialen Unterstützungs- und Bewältigungsstrukturen in der kriegsbetroffenen Bevölkerung beigetragen. Daneben erfüllen Friedensdiener eine „wichtige Brückenfunktion zwischen lokaler, nationaler und internationaler Ebene“, sagt Kohlbecher. Friedensdiener bekommen als neutrale Vermittler ein gutes Gespür für Land und Leute und können (entwicklungs-) politischen Entscheidungsträgern Hintergrundwissen liefern.

Die deutsche Staatsbürgerin Kohlbecher spricht über ihre „Erfahrungen im Feld“ bei der letztwöchigen, von der Furche als Medienpartner begleiteten Podiumsdiskussion zu den österreichischen und europäischen Perspektiven des Zivilen Friedensdienstes. Abschließend gibt sie ihrer Verwunderung Ausdruck, dass es hierzulande keinen ZFD gibt: „Österreich hat exzellente Kontakte zu wichtigen Akteuren, und seine Expertise in der Friedensarbeit ist hoch geschätzt – es ist viel da, warum ist es so schwer, den letzten Schritt zu tun?“

Für Anton Mair, den Vertreter der für die Entwicklungszusammenarbeit (OEZA) zuständigen Sektion im Außenministerium am Podium, sind es keine grundsätzlichen Einwände, die Österreich von der Einführung Ziviler Friedensdienste abhält. Im Gegenteil, Friedenssicherung ist ein Hauptziel der OEZA, aber „es fehlt am Geld“. Und Mair gibt zu bedenken, dass Friedensdienste komplexer, gefährlicher und insgesamt schwieriger sind als übliche EZA-Projekte und man daher „mit Bedacht und Vorsicht an die Thematik herangehen soll“.

Deutschland schickt 300…,

Bedächtigkeit ist für das Österreichische ZFD-Konsortium ein Reizwort. Seit Jahren betreibt diese Plattform aus EZA- und Friedens-Gruppen Lobbyarbeit. Ein Erfolg war die Aufnahme ihrer Forderung in das SP-VP-Regierungsprogramm von 2007 – diese Koalition ist Geschichte, aber die Friedensdienste sind noch immer ohne sichere Zukunft.

Deutschland entsendet rund 300 Zivile Friedensdiener pro Jahr in ihre Einsatzgebiete. Die Vielfalt der Aufgabenfelder ist enorm, reicht von Psychologen in Kambodscha über Politologen, Juristen und Islamwissenschafter in Afghanistan bis zu Fachberatern für Traumaarbeit im Sudan und Beratern für kommunale Forstrechte im liberianischen Regenwald. Dieses Friedensengagement lässt sich Deutschland 30 Millionen Euro im Jahr kosten.

… 25 Österreicher fraglich!

Für Österreich rechnet Pete Hämmerle, der Sprecher des ZFD-Konsortiums, mit fünf Millionen Euro Kosten pro Jahr, wenn rund 25 Friedensdienerinnen und Friedensdiener entsendet werden. Eine von der OEZA geforderte Kofinanzierung wie bei anderen Entwicklungshilfe-Projekten lehnt Hämmerle strikt ab, denn „auch die militärischen oder polizeilichen österreichischen Friedenseinsätze werden zu hundert Prozent vom Staat finanziert“.

Alexander Pschikal von der sicherheitspolitischen Abteilung des Bundeskanzleramts schlägt als Motor gegen den Stillstand eine ZFD-Plattform vor, die ein bis ins Detail ausgearbeitetes Konzept vorlegt. Denn an die Gründung einer Organisation, die den ZFD in einem Ministerium betreut, glaubt er „nie und nimmer“.

Bleibt die Finanzierung. Wenn sich die kommende Regierung an ihre internationalen Zusagen hält, ist auch die kein Problem. Um die EZA-Gelder bis 2010 auf die versprochenen 0,51 Prozent des Brutto-Nationalprodukts anzuheben, müssen in den nächsten zwei Jahren zusätzliche 700 bis 800 Millionen Euro für die EZA zur Verfügung gestellt werden. Und davon würden sich mehrere Bataillone an Zivilen Friedensdienern ausgehen.

Weitere Info und die Petition für Zivile Friedensdienste unter: www.zfd.at

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