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Noch kaum je ist das Medien-Sommerloch so mitleidlos und brüllend gefüllt worden, so atemlos hechelnd.

Die Geschichte der Lugners wird ausgewalzt wie ein Beziehungsthriller, mit Zeitlupeneinstellengen, die an die geniale Einleitung von Sergio Leones legendärem Westernklassiker Spiel mir das Lied vom Tod gemahnen.

"Jetzt rede ICH" prangt es gnadenlos von vielen Titelseiten, die Fotos daneben sind merkwürdig austauschbar: sie könnten Frau oder Herrn Lugner, beider Tochter, seine Schwiegermutter, Natascha Kampusch oder deren Mutter oder Vater darstellen, aber ebenso die erkrankte Anna Netrebko.

"Sein / ihr ERSTES INTERVIEW - EXKLUSIV!" wird da gellend in klein-, mittel- und großformatigen Zeitungen und Magazinen behauptet, als ob es zig "erste" Gespräche gäbe und die Nichtkenntnis der Bedeutung des Begriffes "exklusiv" Bedingung dafür wäre, den Beruf des Journalisten zu ergreifen.

Wohl schon bald werden der brennend interessierten Leserschar erschütternde Lebensbeichten wie "Ich war Franz Antels Privatsekretärin" oder "Seine Pflegerin enthüllt: So verliefen Antels letzte Lebensstunden" in Herz-Schmerz-Serien brutal entgegen schreien.

Zweifellos: die Seitenblickisierung der Gesellschaft schreitet hurtig voran, der Konkurrenzkampf der Medien gegen ihre Konsumenten wird erbarmungsloser. Der ORF bringt uns Tränendrüsen-Interviews, sucht den schlechtesten Autofahrer und bietet in seinem Repertoire immer noch keine zeitgemäßen Opern-oder Schauspielführer oder Sprachkurse an, Wissenschaftsthemen werden zerblödelt. Die schlechten Nachrichten von der Medienwelt werden nur noch von der Politik unterboten, wo man bald schon eine Art Baby-PISA fordern wird - für Dreijährige hat man derlei ja schon angedacht …

Der Autor ist freier Publizist.

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