Reform des Mafia-Paragrafen

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So viel an Übereinstimmung könnte die Vermutung aufkommen lassen, man sei sich einig: Nur wenige Stunden nach dem erstinstanzlichen Freispruch für die Tierschützer erklärte die neu ins Amt gekommene Bundesministerin für Justiz, die Grazer Rechtswissenschaftlerin Beatrix Karl, den Mafia-Paragrafen des Strafgesetzes prüfen zu lassen. Zustimmung von allen Seiten, von Opposition und Koalition, waren ihr umgehend sicher.

Erheblicher Einfluss auf Politik oder Wirtschaft

Insbesondere Nicht-Regierungs-Organisationen wie amnesty international fordern seit Jahren, den Paragrafen 278a des Strafgesetzbuches zu reformieren. In diesem wird definiert, was denn eine kriminelle Organisation sei: Das seien "unternehmensähnliche Verbindungen“, die auf die Begehung strafbarer Handlungen ausgerichtet seien, um dadurch - unter anderem - "erheblichen Einfluss auf Politik und Wirtschaft“ anzustreben. Nun stellen diese und die verwandten Bestimmungen des Strafgesetzes auf strafbare Handlungen mit Vorsatz oder zumindest bedingen Vorsatz, setzen also Bedingungen voraus, die wohl auf übliche Umwelt-, Tierschutz- und Menschenrechtsgruppen nicht zutreffen. Diese fühlen sich dennoch bedroht.

Der Generalsekretär von Amnesty International, Heinz Patzelt, meinte etwa, dieses Paragrafensystem sei in den Händen von Polizei und Staatsanwaltschaft "eine erhebliche Gefahr für den Rechtsstaat“. Das Justizministerium denke, wie Karl zum Wochenbeginn nach dem Ministerrat sagte, "ernsthafte Reformen“ an. Sie wolle die Bestimmungen vorerst überprüfen lassen, sich noch nicht auf Änderungen festlegen. Für den Koalitionspartner SPÖ begrüßte Klubobmann Josef Cap diese Initiative. Justizsprecher Hannes Jarolim ergänzte, diese Paragrafen seien etwa für die Bekämpfung von Menschenhandel gedacht gewesen aber niemals für die Fälle des Eintretens für staatlich anerkannte Werte wie den Tierschutz. Zurückhaltend äußerte sich hingegen der Dekan der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, der Verfassungsrechtler Heinz Mayer. Der Paragraf 278 des Strafgesetzes sei nicht schlechter und nicht besser als viele andere, bei korrekter Anwendung sei dessen Anwendung "kein sehr großes Problem“.

Sollte der Freispruch rechtskräftig werden, dann wollen die Anwälte der Tierschützer hohe Entschädigungen verlangen. Ihre Mandanten seien in ihren bürgerlichen-beruflichen Existenzen schwerst geschädigt worden, pro Kopf sei geplant, 60.000 bis 70.000 Euro an Entschädigung zu fordern. Einzelne der Tierschützer waren mehr als drei Monate in Untersuchungshaft. Martin Balluch, zentrale Figur der Tierschützer und des Prozesses hatte schon in seinem Schlusswort gesagt: "Selbst der verdiente Freispruch würde seine und seiner Kinder Traumatisierung nicht wiedergutmachen.“

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