Vom Bischof-Aussteiger zum Präsidenten-Quereinsteiger

Werbung
Werbung
Werbung

Fast 30 Jahre war Fernando Lugo katholischer Priester und zuletzt Bischof. Und so tritt er auch als frisch gewählter Präsident Paraguays auf: Er spricht bedächtig, mit Pausen und nie aggressiv, versucht zu versöhnen und macht den Menschen Mut. Den wird er auch selbst brauchen, wenn er den abgewirtschafteten Agrarstaat die nächsten fünf Jahre reformieren will.

2006 hängte Lugo nach der Weihnachtspredigt seine Bischofssoutane an den Haken und wechselte in die Politik. Er wolle sich "durch die Politik in den Dienst des paraguayischen Volkes stellen", begründete er seinen Schritt. Der Vatikan akzeptierte diesen Seitenwechsel nicht und enthob ihn seines Amtes.

Fernando Armindo Lugo Méndez wurde am 30. Mai 1951 in San Pedro del Paraná geboren. Seine Eltern waren einfache Leute, aber so wie die ganze Familie politisch orientiert. Lugos Onkel gehörte zu den Galionsfiguren der regierenden Colorado-Partei, bevor er sich mit dem Diktator Alfredo Stroessner überwarf. Drei von Lugos Brüdern wurden unter der Stroessner-Diktatur (1954 bis 1989) gefoltert, bevor sie ins Exil gingen. Auch sein Vater wurde mehrfach festgenommen.

Zum Priester geweiht wurde Lugo 1977. Als Steyler Missionar ging er nach Ecuador, wo er mit dem Befreiungstheologen Leonidas Proaño zusammenarbeitete, der als "Bischof der Armen" bekannt wurde. Heute trägt Lugo diesen Beinamen. 1983 aus Paraguay ausgewiesen, lebte er vier Jahre im Exil in Rom. Die Bischofswürde kam 1994, als er die Diözese San Pedro übernahm, eine der ärmsten des Landes.

Politisch steht Lugo in der Mitte. Er votiert für ein Wirtschaftssystem, in dem Platz für private und staatliche Unternehmen ist, er verteidigt das Privateigentum und setzt auf private Investitionen auch aus dem Ausland. Dennoch löst er große Hoffnungen auf Wandel aus. Lugo kündigt nicht nur eine "ehrliche" Regierung an, die Schluss machen werde mit Korruption und Freunderlwirtschaft, sondern verspricht auch tiefgreifende Veränderungen der Gesellschaft und des Wirtschaftssystems.

Das nutzten die von Lugo nach 60 Jahren in die Opposition verwiesenen Colorados, um ihn als linken Kumpan der Präsidenten Venezuelas und Boliviens, Hugo Chávez und Evo Morales, anzugreifen. Sogar Kontakte zu der marxistischen kolumbianischen Rebellengruppe FARC wurden ihm unterstellt. "Vielleicht halten sie mich für einen Linken, weil ich als Priester den Kampf der Ärmsten begleitet habe", konterte Lugo, "aber ich sehe mich selbst in der politischen Mitte" - und im Interview für den Furche-Artikel über ihn vor drei Wochen fügte er hinzu: "Ich weiß, ich stehe im ideologischen Gewitter!" Doch Lugo hat einen Vorteil: In der Not kann sich der Ex-Bischof den Wettersegen selber spenden. WM/AFP

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung