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Vom Proporz schrittweise zur Mehrheitswahl

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Zu den Revisionisten des eigenen früheren Konzepts gehörte General de Gaulle, der nach seiner Ministerpräsidentschaft als Parteiführer sich dem Verlangen nach Wiederherstellung des Mehrheitswahlrechtes zuwandte. Merkwürdig genug, in der Stellungnahme gegen das Proporzwahlrecht trafen sich die Anschauungen Jacques Maritains mit jenen Leon Blums in scharf akzentuierten Ablehnungen. Schon nach zwei Jahren Verhältniswahl-recht gewinnt das Prinzip der Mehrheitswahl unter Ramadier bei den Munizipalratswahlen vom Oktober 1947 wieder Raum; allerdings setzte der Ministerpräsident nicht seinen Plan durch, nach dem die Proporzwahl nur in Gemeinden mit über 50.000 Wählern zu gelten habe, sonst aber die Mehrheitswahl; immerhin wurde dem Proporz in allen Gemeinden mit über 9000 Wählern eine Grenze gezogen. Hier versuchte man schon die seltsame Verschränkung beider Wahlsysteme, allerdings nicht aus sachlichen Gründen, sondern um die Kommunisten und das MRP zu besdiwich-rigen, die beide dem Proporz anhingen, der ihnen das Einsammeln der Wähler bis in den letzten Winkel erlaubte. Die Verflechtung beider Wahlsysteme wurde ein Jahr später bei den Wahlen in den Conseil der Republik noch straffer gezogen. Indes bisher die Wahlen nur nach dem Proporz erfolgten, wurde dieses System jetzt nur für die elf größten Departements zugelassen, während in 7 9 kleinen, die nur bis zu drei Ratssitzen zu vergeben hatten, die Mehrheit der Wähler entschied, mit dem charakteristischen Ergebnis, daß in den kleinen Departements überhaupt kein Kommunist zum Zug kam, aber auch das MRP, neben den Kommunisten bisher die durch die Verhältniswahl begünstigte Partei, in eben den Departements mit Mehrheitswahlrecht von seinen 75 Mandaten 54 einbüßte. Als ein halbes Jahr später die Provinzialrats-wahlen folgten, die unter denselben Vorzeichen standen, hatte der damalige Ministerpräsident Queuille, der hartnäckige Vertreter des Mehrheitswahlprinzips, die Genugtuung, einen ansehnlichen Erfolg seiner Mehrheitsparteien feststellen zu können.

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