Am Ende der sakralen Macht

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Im Herbst war ich Gast bei der Abschlussveranstaltung des von der Deutschen Bischofskonferenz geförderten Projekts "Frauen steigen auf". Bereits in kirchlichen Leitungspositionen etablierte Frauen gaben über zwei Jahre ihre Erfahrungen an jüngere Frauen im kirchlichen Dienst weiter.

Wenn eine manifest patriarchale Institution Frauen für Leitungspositionen fördert, dann ist sie entweder reichlich selbstwidersprüchlich, ziemlich verzweifelt oder einigermaßen raffiniert. Die katholische Kirche ist wohl alles drei.

Sie ist doppelt selbstwidersprüchlich: faktisch, denn sie fördert an der einen Stelle, was sie an anderer zurücksetzt, aber auch normativ, denn das Patriarchat verstößt gegen Jesu Botschaft vom Primat der Armen vor den Reichen, da es auf Seiten der Mächtigen steht.

Die katholische Kirche ist aber auch ziemlich verzweifelt, denn in Gesellschaften, die ihre Geschlechterordnung zunehmend auf symmetrische Beziehungen umstellen, wird sich eine Institution, die auf Geschlechterasymmetrie besteht, nach und nach selbst marginalisieren.

Die katholische Kirche ist aber auch raffiniert, denn sie ist nicht eine, sondern viele. Sie besitzt und bespielt viele Orte. Sie redet so und handelt anders. Manchmal handelt sie besser, als sie redet.

Es gibt schon Frauen in kirchlichen Leitungspositionen. Wir haben sie in einem Forschungsprojekt nach ihren Erfahrungen befragt. Es zeigt sich: Sie verkörpern die Kirche, die vielfältig ist und sich der Vielfalt des Lebens aussetzt. Sie verkörpern die Vorläufigkeit von Kirche, das Prekäre, Fragmentarische, die Veränderung. Sie verkörpern das Ende der Sicherheit, der Vertrautheit und der sakralen Macht. Und sie agieren ebenso selbstbewusst wie situationsangemessen. Vielleicht zeigt sich in ihnen ja jener Habitus, den ein zukünftiger Klerus braucht.

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